Der Gerichtsstand

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Wo muß eigentlich der Scheidungsantrag eingereicht werden, wenn beide Eheleute inzwischen weit voneinander in der Bundesrepublik wohnen?

Wir haben eine Gerichtsstandsleiter. (früher in § 606 ZPO) heute praktisch gleichlautend § 122 FamFG.

Die Vorschrift des § 122 FamFG enthält sechs Gerichtsstände, unter denen der Antragsteller aber nicht wählen kann, sondern die in der gesetzlich vorgesehenen Reihenfolge nacheinander zu prüfen sind. Nur wenn die Voraussetzungen des einen Gerichtsstands zu verneinen sind, darf die nächste Stufe der Leiter geprüft werden. Der maßgebliche Prüfungszeitpunkt ist immer die Rechtshängigkeit, d.h. die Voraussetzungen müssen bei Zustellung des Scheidungsantrags an den Antragsgener gegeben sein. Die Übersendung des Prozesskostenhilfeantrags reicht hierfür nicht aus.
Danach sind die Familiengerichte örtlich wie folgt zuständig:

§ 122 Ziff. 1 = 1. Stufe: Gemeinsamer Aufenthaltsort der Eheleute

Ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthaltsort liegt vor, wenn die Eheleute zusammen wohnen. Der gewöhnliche Aufenthalt ist an dem Ort, an dem der Schwerpunkt der Bindungen einer Person in familiärer oder beruflicher Hinsicht liegt. Nicht ausreichend für einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt ist dagegen das getrennte Leben in einem Gerichtsbezirk.

§ 122 Ziff. 2 = 2. Stufe: gemeinsame minderjährige Kinder.

Liegt kein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthaltsort der Eheleute vor, so ist das Familiengericht ausschließlich örtlich zuständig, in dessen Bezirk ein Ehegatte mit den gemeinsamen minderjährigen Kindern seinen gewöhnlichen Inlandsaufenthalt hat. Dort, wo sich ein Elternteil mit allen gemeinsamen minderjährigen Kindern aufhält, liegt der Schwerpunkt des Verfahrens, zumal auch die Verbindung zum Jugendamt einfacher ist. Der gewöhnliche Aufenthaltsort eines Kindes ist beim Vater, wenn es dort während der Woche lebt und die Schule besucht und nur am Wochenende bei der Mutter wohnt. Das Schwergewicht der Aufenthaltsdauer und der sozialen Beziehungen liegt dann im Haushalt des Vaters. Der Aufenthaltsort aller gemeinsamer Kinder entscheidet.

§ 122 Ziff. 3 = 3. Stufe: letzter gemeinsamer Aufenthalt

Kommen die Gerichtsstände der Stufen 1. und 2. nicht in Betracht, so ist das Familiengericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Eheleute ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Voraussetzung ist, dass einer der Eheleute in diesem Bezirk bei Eintritt der Rechtshängigkeit immer noch oder wieder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dabei braucht es sich nicht um die ehemals gemeinsame eheliche Wohnung zu handeln, sondern nur um den gleichen Bezirk. Unbeachtlich ist auch die Parteirolle im Scheidungsverfahren.

§ 122 Ziff. 4 = 4. Stufe: Aufenthalt des Antragsgegners

Fehlt es an den vorstehenden Voraussetzungen, so kommt es auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Antragsgegners an. Dieser muss sich allerdings im Inland befinden, weil § 122 FamFG nur die Inlandszuständigkeit der Gerichte regelt.

§ 122 Ziff. 5 = 5. Stufe: Prioritätsgrundsatz

Werden die Verfahren von beiden Eheleuten jeweils am Orte des anderen Ehepartners betrieben, so gilt der Grundsatz der Priorität. Dann ist das Familiengericht zuständig, bei welchem der Scheidungsantrag zuerst rechtshängig gemacht worden ist. Auf die Einreichung des Scheidungsantrags und ein etwa sich daran anschließendes Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren kommt es also für die Zuständigkeit nicht an.

§ 122 Ziff. 6 = 6. Stufe: Auffanggericht = AG Berlin Schöneberg

Greift keine der Alternativen der Zuständigkeitsregelung des § 122 FamFG§ ein, so ist das Familiengericht beim Amtsgericht Schöneberg in Berlin örtlich zuständig.

 

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Zum Thema Scheidung, Unterhalt und Sorgerecht