1. BGH Urteil - Betreuungsunterhalt nach Unterhaltsrechtsreform 5/5

Nach dem Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform hat der BGH am 16.07.2008 die erste Entscheidung zum Thema Betreuungsunterhalt getroffen.

1. Gegenstand der Entscheidung war der Unterhaltsanspruch einer alleinerziehenden Mutter zweier nichtehelicher, minderjähriger Kinder. Die Klägerin lebte mit dem Beklagten Vater mehrere Jahre zusammen. Aus der nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien sind zwei Kinder hervorgegangen. Nach der Trennung beanspruchte die Klägerin vom Beklagten unbefristeten Betreuungsunterhalt in Höhe von monatlich 1.335,00 EUR. Das Berufungsgericht hatte ihr einen Unterhaltsanspruch von monatlich 216,00 EUR befristet bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes zugesprochen.

2. Der BGH hatte im Rahmen des Revisionsverfahrens insbesondere dazu Stellung zu nehmen, wie sich der Bedarf des Unterhaltsberechtigten berechnet und ab wann dem betreuenden Elternteil eine Berufstätigkeit und in welchem Umfang zuzumuten ist.

a) Im Rahmen der Unterhaltsrechtsreform wurde der Anspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes auf Betreuungsunterhalt dem Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt weitestgehend angepasst. Der betreuende Elternteil kann Unterhalt nach dem Willen des Gesetzgebers grds. bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes beanspruchen. Nach dieser Zeit ist der betreuende Elternteil in der Regel verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sofern der betreuende Elternteil insbesondere kindbezogene Billigkeitgründe darlegt und beweist, kann der Unterhaltsanspruch im Einzelfall auch über das 3. Lebensjahr des Kindes hinaus bestehen (vgl. Artikel „Betreuungsunterhalt nur noch 3 Jahre“ von RAin Sybille Vosberg)

b) Der BGH hat mit seiner jüngsten Entscheidung diese allgemeinen Grundsätze des Gesetzgeber konkretisiert:

(1) Bedarfsbemessung bei Betreuungsunterhalt

Im Falle der Betreuung eines nichtehelichen Kindes richtet sich der Unterhaltsbedarf des betreuenden Elternteils nach dessen eigener Lebensstellung. Der Betreuende soll so gestellt werden, als sei das gemeinsame Kind nicht geboren worden. Verfügt bzw. verfügte der betreuende Elternteil über eigene Einkünfte, so sind diese zur Bedarfsermittlung heranzuziehen. Erfasst sind davon nicht nur Einkünfte aus eigener Erwerbstätigkeit, sondern allgemein Einkünfte, die die Lebensstellung des Anspruchstellers prägten. Entscheidend ist jedoch, dass es sich um eigene Einkünfte handelt. Der BGH stellt insofern klar, dass aus der früheren Lebensgemeinschaft mit dem anderen Elternteil keine erhöhte Unterhaltsverpflichtung herzuleiten ist. Hat der Partner über hohe Einkünfte verfügt, wirkt sich dies folglich nicht auf den Unterhaltsanspruch aus. Zahlungen, die während des Bestehens der Lebensgemeinschaft an den Partner erfolgten, werden als lediglich freiwillige Leistungen angesehen, die keinen Anspruch auf eine höhere Lebensstellung begründen.

(2) Dauer des Betreuungsunterhaltes

Nach neuem Unterhaltsrecht wird dem betreuende Elternteil Unterhalt grds. nur bis zu 3 Jahren nach der Geburt des gemeinsamen Kindes zugesprochen. Beansprucht er darüber hinaus Betreuungsunterhalt, so hat er besondere Billigkeitsgründe vorzutragen und ggf. zu beweisen, die seinen längeren Unterhaltsanspruch rechtfertigen. Solche Gründe können entweder beim Kind oder den Eltern verwurzelt sein. Als kindbezogene Gründe kommen bspw. das Fehlen von Betreuungsmöglichkeiten sowie eine besondere Pflegebedürftigkeit wegen der Begabung oder Entwicklungsverzögerung des Kindes in Betracht. Aus der Angleichung des Anspruches auf Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelichen Kindes an den nachehelichen Anspruch auf Betreuungsunterhalt folgt laut BGH das Erfordernis der Berücksichtigung elternbezogener Verlängerungsgründe, wie sie beim nachehelichen Unterhaltsanspruch geregelt sind. Eine Verlängerungsmöglichkeit für den Unterhaltsanspruch bei Betreuung eines nichtehelichen Kindes kommt danach umso eher in Betracht, als die Beziehung der Eltern einer Ehe vergleichbar war, sprich bei längerem Zusammenleben und / oder gemeinsamen Kinderwunsch.

(3) Schließlich zieht der BGH weitere Aspekte, die im Rahmen der Verlängerung des Unterhaltsanspruches wegen Betreuung eines unehelichen Kindes beachtlich sein können, in Erwägung. Selbst wenn ein Kind im Kindergarten volltags betreut wird, soll dies nicht zwingend dazu führen, dass der betreuende Elternteil auch einer vollen Erwerbstätigkeit nachgehen muss, da eine solche neben der Betreuung des Kindes, insbesondere in den Abendstunden, zu einer unzulässigen, überobligatorischen Erwerbspflicht führen kann.

Die Entscheidung des BGH stellt die erste nach Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform dar. Die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung zum neuen Unterhaltsrechts bleibt zu erwarten.

Leipzig, 23.07.2008 RAin Katerina Junold

geschrieben am: 23.07.2008 - 15:55:02 von: Kanzlei.Vosberg in der Kategorie Unterhalt 2008
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19.06.2009 - 17:17:40:
wie verhält es sich bei einer scheidung mit unterhalt für die frau und kinder nach dem neuen gesetz?

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