Begrenzung des nachehelichen Unterhalts bei kinderloser Ehe – keine ehebedingten Nachteile 5/5

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.02.2009 – 2 UF 200/08

In dieser Entscheidung stellt das OLG Karlsruhe klar, dass selbst wenn auf Seiten der geschiedenen Ehefrau bei einer kinderlosen Ehe keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ihr bei einer langen Ehedauer (fast 17 Jahre bis zur Zustellung des Scheidungsantrags) ein maßgeblicher Zeitraum gebilligt werden muss, für den sie sich als Nachwirkung der ehelichen Solidarität auf die Unterstützung des geschiedenen Ehemannes verlassen darf. Dies rechtfertige eine Befristung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 1578b Abs.2 BGB auf vier Jahre ab Rechtskraft der Ehescheidung.
Gemäß § 1578b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch zu befristen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit für den Unterhaltsberechtigten durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich insbesondere aus der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, aus der Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578b Abs. 2 S. 2, Abs. 1 S. 2 und 3 BGB). Hinsichtlich der Ehedauer ist dabei der Zeitraum von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrages zugrunde zu legen. Eine Befristung scheidet nicht mehr allein wegen langer Ehedauer aus, sondern die Ehedauer wird vom Gesetz nur noch als ein gleichrangiger Gesichtspunkt neben der „Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit“ berücksichtigt (vgl. bereits BGH, Urteil vom 26. 9. 2007 - XII ZR 15/ 05 = FamRZ 2007, 793 ff. für das alte Recht). Daneben werden aber auch die konkreten Erwerbsverhältnisse der Ehepartner, ihre Vermögenssituation, ihr Alter und insbesondere der Ausgleich ehebedingter Nachteile in die Billigkeitsabwägung mit einzubeziehen sein, denn maßgebend ist, ob die Lebensverhältnisse völlig entflochten sind, der Bedürftige einer angemessen vergüteten Tätigkeit nachgeht und gegebenenfalls auch durch sein Vermögen abgesichert ist (vgl. BGH aaO).
Vorliegend hat die Ehefrau keinen ehebedingten Nachteil erlitten; sie hat vielmehr vor, während und auch nach der Ehe die gleiche Tätigkeit, nämlich die einer Altenpflegehelferin und Haushaltshilfe, ausgeübt. Bereits seit 1982 war sie nicht mehr versicherungspflichtig tätig und hat auch keine Anstrengungen unternommen, hieran etwas zu ändern.
Doch auch wenn sie wirtschaftlich heute in derselben Lage ist wie vor der Eheschließung, so ergibt sich jedoch aus der Ehedauer, dass der Ehefrau ein maßgeblicher Zeitraum zugebilligt werden muss, für den sie sich als Nachwirkung der ehelichen Solidarität auf die Unterstützung des Antragstellers verlassen darf: Die geschiedene Ehefrau hat sich nämlich über fast 17 Jahre - der Zeitraum von Eheschließung bis Zustellung des Scheidungsantrages - wirtschaftlich auf den Ehemann verlassen. Durch ihre eigene berufliche Tätigkeit hat sie nie auch nur das Existenzminimum selbst verdient, sondern sich insoweit in die Abhängigkeit vom Ehemann begeben. Durch diese Gestaltung der Ehe mit entsprechender Verteilung der Haushaltstätigkeit lag über lange Zeit eine enge Verflechtung der Lebensverhältnisse vor. Erst mit der Zustellung des Scheidungsantrages war sie mit dem Gedanken der Eigenverantwortlichkeit konfrontiert, hat es dann aber aus ihrer persönlichen Disposition heraus nicht mehr geschafft, eine eigene Existenz aufzubauen. Angesichts ihres Alters wird sie wahrscheinlich hierzu auch in Zukunft nicht mehr in der Lage sein. Dass ihr eine uneingeschränkte Erwerbstätigkeit zumutbar ist, zeigt bereits die Tatsache, dass ihr bei Vergleichsabschluss am 14. November 2006 ein fiktives Einkommen von 840 € zugerechnet worden ist. Aber auch mit dieser geschuldeten Erwerbstätigkeit ist sie nicht in der Lage, den unter Ehegatten geltenden Selbstbehalt von derzeit 1.000 € zu verdienen. Insoweit ist zu beachten, dass eine Absenkung des Unterhalts unter den gegenüber Ehegatten geltenden Selbstbehalt in der Regel nicht in Betracht kommt. Wenn man dies mit der wirtschaftlichen Situation des Ehemannes vergleicht, der über ein gesichertes Arbeitseinkommen verfügt und nur sehr geringe Aufwendungen (Darlehen bzw. Miete) für seine Wohnung tätigen muss, so erscheint es angemessen und billig, den Unterhalt zwar nicht wie vom Ehemann beantragt bis Mai 2008, sondern bis Mai 2010, also auf vier Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung zu befristen.
Diese Befristung des Unterhaltsanspruchs ist der Ehefrau auch zumutbar (§ 36 Nr. 1 EGZPO), da ihr spätestens seit der Vergleichsverhandlung vom 14. November 2006 und dem Befristungsvorbehalt in dem Vergleich vom 14. November 2006 bewusst sein musste, dass sie sich auf Dauer eine eigene wirtschaftliche Existenz aufbauen muss, und dass sie sich nicht auf Unterhaltszahlungen des Exmannes verlassen kann.


geschrieben am: 13.04.2010 - 18:07:54 von: Schimmelpenning in der Kategorie nachehelicher Unterhalt
(Geändert 13.04.2010 - 18:53:00) 8416 mal gelesen
Fragen und Antworten: 11 Kommentare


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02.06.2015 - 13:55:56:
Der Weg zum Arbeitsamt
25.02.2015 - 01:50:00:
ich werde mich (kinderlos und geringes einkommen netto 870 € ) von meinem mann trennen . was kann ich erwarten
24.02.2015 - 13:49:58:
Hallo , er lebt noch;-) Würden Sie mir diese Frage beantworten. Urteil auf Trennungsunterhalt Amtsgericht für zwei Jahre. Dann Scheidu...

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