BGH: Ab wann muss eine Mutter nach der Trennung Vollzeit arbeiten? 4.91/5

Nach der Unterhaltsrechtsreform, die zum 01.01.2008 in Kraft getreten ist, hat eine alleinerziehende Mutter (manchmal auch der Vater) grundsätzlich einen Anspruch auf Unterhalt bis zum dritten Lebensjahr des Kindes. Und darüber hinaus, wenn es der Billigkeit entspricht, z.B. die Kindesbelange eine Betreuung durch die Mutter erfordern oder keine anderweitige Kinderbetreuung möglich ist, etc.

Unklar war (und bleibt), ab wann es einer Mutter zugemutet wird, nach der Trennung wieder Vollzeit erwerbstätig zu sein.

Nach der früheren Rechtsprechung galt für die Ehefrau, dass sie Teilzeit arbeiten sollte, wenn das jüngste Kind die dritte Grundschulklasse besucht und Vollzeit, wenn das jüngste Kind das 15te Labensjahr vollendet hat. Die nichteheliche Mutter hatte grundsätzlich nur Unterhaltsansprüche bis zum dritten Lebensjahr des Kindes, in seltenen Ausnahmefällen (z.B. bei Betreuung eines behinderten Kindes) länger.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die nichteheliche mit der ehelichen Mutter gleichgestellt werden und grundsätzlich gemäß dem Prinzip der Eigenverantwortung jeder für seinen Lebensunterhalt selbst sorgen.

Nur: wie soll man sich in der Trennung verhalten?

Geht die Frau nach der Trennung Vollzeit arbeiten, verliert sie unter Umständen Unterhaltsansprüche, obgleich sie nur Teilzeit hätte arbeiten müssen. Vertraut sie allerdings zu lange darauf, dass sie nicht arbeiten muss, riskiert sie, dass ihr im Rahmen der Unterhaltsberechnung sogenannte fiktive Einkünfte unterstellt werden. Dies führt dazu, dass sich ihr Unterhaltsanspruch schmälert oder wegfällt. Da sie aber nicht arbeitet, kann sie den Lebensunterhalt für sich und die Kinder gefährden.

Der BGH hat am 16.07.2008 erste "Leitfäden" aufgestellt, die gleichermaßen für die nichteheliche und eheliche Mutter gelten müssen. Grundsätzlich soll in folgenden Fällen eine Verlängerung des Unterhaltes über das 3te Lebensjahr hinaus möglich sein:

- kindsbezogene Gründe, wobei hier insbesondere die Belange des Kindes (z.B. behindertes Kind, Krankheit, ...) und die Möglichkeiten der Kinderbetreuung (Kita, Tagesmutter, Kindergarten, ...) zu berücksichtigen sind

- elternbezogene Gründe, z.B. die Rollenverteilung in der Partnerschaft (hat z.B. einer die Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung aufgegeben, ...), die Dauer der Beziehung und, ob es sich um einen gemeinsamen Kinderwunsch handelte, etc...

- ein pauschales Altersphasenmodell (siehe oben), welches auf Erfahrungswerten beruhen soll, kann unter Umständen durch die Gerichte angenommen werden. Hintergrund ist, dass selbst bei einer Ganztagesunterbringung eine Vollzeiterwerbstätigkeit nicht komplett zugemutet werden kann, wenn die Mutter die Kinder z.B. zusätzlich noch in den Abendstunden betreuen muss. Der BGH stellt hier aber klar, dass dieser Umstand allein jedenfalls nicht zu einem vollen Unterhaltsanspruch führen kann!

Der BGH hat sich letztendlich nicht zu einer allgemein verbindlichen Entscheidung durchgerungen, sondern überlässt den Familiengerichten eine Abwägung im Einzelfall. Das wird unterschiedlichst dazu führen, dass die Mutter –je nach individueller Sachlage- eben früher oder später Teil- bzw. Vollzeit arbeiten muss.

Der Gang zum Rechtsanwalt / zur Rechtsanwältin wird die Chancen und Risiken aufzeigen.

geschrieben am: 17.07.2008 - 15:34:09 von: Templer in der Kategorie Unterhalt 2008
(Geändert 18.07.2008 - 12:31:40) 34357 mal gelesen
Fragen und Antworten: 24 Kommentare


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08.04.2012 - 19:17:12:
Hallo, habe ein Problem, bin Mutter von 2 Kindern (7 und 10) nach 10jähriger Ehe, in der ich nach unserem beider Willen meine Arbeit zu ...
28.12.2011 - 02:03:43:
Muss ich Vollzeit arbeiten? Ich lebe seit 6 Monaten getrennt.Kind 9 Jahre lebt bei mir.Vatter bezahlt unterhalt.Kind 18 jahre lebt alleine ...
20.12.2011 - 23:28:23:
Hallo, ich bin alleinerziehend und befinde mich noch in Elternzeit.Die Scheidung soll im Januar vollzogen werden. Mein Mann will, dass ich ...

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