BGH: Unwirksamkeit ehevertraglicher Unterhaltsvereinbarung zu Gunsten des Unterhaltsschuldners
Der BGH hat sich in einem Urteil vom 05.11.2008 erstmals auch mit der Frage beschäftigt, ob eine ehevertraglich vereinbarte Unterhaltsver-pflichtung unwirksam sein kann, wenn die finanzielle Überforderung des Unterhaltsschudners schon bei Vertragsabschluß absehbar war. Bisher hatte sich der BGH nur mit Fällen befasst, bei denen es um eine Benachteiligung des Unterhaltsberechtigten ging. Der BGH hat die Unwirksamkeit des Ehevertrags in diesem Fall bejaht. Er hat ausgeführt, dass die für die Inhaltskontrolle von Eheverträgen aufgestellten Kriterien nicht nur zugunsten des unterhaltbegehrenden Ehegatten gelten, sondern im Grundsatz auch zugunsten des auf Unterhalt in Anspruch genommenen Ehegatten.
Eine Unterhaltsvereinbarung kann demnach sittenwidrig sein, wenn durch die Unterhaltsabrede bewirkt wird, dass der über den gesetzlichen Unterhalt hinaus zahlungspflichtige Ehegatte finanziell nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern und deshalb ergänzender Sozialleistungen bedarf.
Im konkreten Fall hatte sich der Ehemann durch den Ehevertrag im Falle der Scheidung zur zur Zahlung einer monatlichen Leibrente in Höhe 1.300 DM verpflichtet. Da er zum Zeitpunkt des Vertragsab-schlusses nur über ein Nettoeinkommen von ca. 2.100 DM verfügte, wäre ihm nach Abzug der Leibrente nur noch ein Einkommen von 800 DM verblieben. Da sein Existenzminimum hiermit nicht gewahrt geweesen wäre, hätte der Ehemann somit Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen.
Aus dem Umstand, dass die Parteien eine evident einseitig belastende ehevertragliche Regelung getroffen hätten, ohne dass hierfür ein nachvollziehbarer Grund erkennbar sei, ergebe sich nach den Ausführungen des BGH eine tatsächliche Vermutung für eine damals bestehende Störung der subjektiven Verhandlungsparität dergestalt, dass der Ehemann bei Vertragsschluss subjektiv nicht in der Lage gewesen sei, seine berechtigten Interessen sachgerecht und angemessen zu vertreten, und dass dieser Umstand für die Beklagte zumindest erkennbar gewesen sei.
Aus diesem Grund sei der Vertrag gem. § 138 I BGB nichtig.
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Autor:
Ralf Hein
Kanzlei Thümlein & Kollegen
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von diesem Autor:
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