BGH vom 19.02.2008: Herabsetzung des Selbstbehalts im Falle des Zusammenlebens mit einem nichtehelic
Wenn das Einkommen des Unterhaltsschuldners nicht ausreicht, um die Unterhaltsansprüche aller unterhaltsberechtigten Personen in voller Höhe zu erfüllen (sog. Mangelfall), muss stets überprüft werden, ob sein Selbstbehalt herabgesetzt werden kann. Besonders umstritten war hier in der Rechtsprechung die Frage, ob, und wenn ja, in welcher Höhe der Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners herabzusetzen ist, wenn er mit einem Partner zusammenlebt. Durch das gemeinsame Wohnen und Wirtschaften treten nämlich in aller Regel Ersparnisse bei den Lebenshaltungskosten ein. Zum Teil wurde die Auffassung vertreten, dass gar keine Herabsetzung vorzunehmen sei, überwiegend wurde von den Obergerichten aber eine Herabsetzung von 10 % bis 25 % des jeweiligen Selbstbehalts vorgenommen.
Dies hatte folgende Konsequenzen: Der Selbstbehalt gegenüber dem Ehegatten konnte von 1.000 € maximal auf 750 € herabgesetzt werden, der Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern konnte von 900 € auf 675 € herabgesetzt werden, der Selbstbehalt eines nicht er-werbstätigen Unterhaltsschuldners konnte bei einer Unterhalsver-pflichtung gegenüber einem minderjährigen Kind sogar von 770 € auf 578 € herabgesetzt werden.
Der BGH hat nun durch Urteil vom 19.02.2008 (XII ZR 170/05) ent-schieden, dass der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen um die durch eine gemeinsame Haushaltsführung eintretende Ersparnis herabgesetzt werden kann, jedoch maximal auf das Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen.
Dem Unterhaltsschuldner steht demnach zunächst einmal der Regelsatz nach § 20 Abs. 2 SGB II zu in Höhe von 347 € sowie Wohnkosten in angemessenem Umfang. Der im notwendigen Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern enthaltene Wohnkostenanteil beläuft sich auf 360 €. Gegenüber dem getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten beläuft sich der im Selbstbehalt enthaltene Wohnkostenanteil auf 400 €.
Folglich muss dem Unterhaltsschuldner, der gegenüber minderjährigen Kindern unterhaltspflichtig ist, ein Selbstbehalt verbleiben in Höhe von 347 € + 360 € = 707 €.
Im Falle des Ehegattenunterhalts muss dem Unterhaltsschuldner ein Betrag verbleiben in Hö-he von 347 € + 400 € = 747 €.
Ist der Unterhaltsschuldner wieder verheiratet, gelten diese Grundsätze allerdings nicht. In diesem Fall müssen die Einkommens-verhältnisse des neuen Ehegatten festgestellt werden, um abzuklären, ob der Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners durch das Einkommen seines Ehegatten evtl . ganz oder zum Teil abgedeckt ist.
Ist diese Rechtsprechung noch aktuell?
18.12.2011 - 17:44:39:
707 € Selbstbehalt und dafür 40 Std. die Woche arbeiten? Egal ob es um Unterhalt für (seine) Kinder geht: Arbeiten lohnt sich doch b...
14.08.2011 - 13:37:10:
Wie gestalltet sich die unterhaltsberechnung für ein minderjähriges Kind, es hat einen eigenen Hausstand ist 17 Jahre alt der Vater verdi...
Autor:
Ralf Hein
Kanzlei Thümlein & Kollegen
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von diesem Autor:
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