Darlegungs- und Beweislast bei ehebedingten Nachteilen 5/5

Bei Unterhaltsprozessen, insbesondere beim nachehelichen Unterhalt ist der ehebedingte Nachteil i. S. des § 1578 b BGB ein zu konkretisierendes Tatbestandsmerkmal. Die BGH –Rechtsprechung hat hierzu Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast entwickelt unter Einbeziehung der sekundären Darlegungslast. Diese Grundsätze müssen beachtet werden, um Überraschungen vorzubeugen.

Der ehebedingte Nachteil i. S. des § 1578 b BGB ist ein Tatbestandsmerkmal, welches für den Sachvortrag des Anwalts von erheblicher Bedeutung ist.

1. Fehlende Kausalität:
Ehebedingte Nachteile sind zuvörderst Erwerbsnachteile, die durch die von den Ehegatten praktizierte Rollenverteilung während der Ehe entstanden sind. Typischer Fall ist die Aufgabe des Arbeitsplatzes, um Haushaltsführung und Kindererziehung zu übernehmen. Ein Nachteil ist nur dann nicht ehebedingt, wenn die Ehegestaltung für den Erwerbsnachteil nicht kausal geworden ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Unterhaltsberechtigte seinen Arbeitsplatz ausschließlich aus Gründen verliert oder aufgibt, die außerhalb der Ehegestaltung liegen. Praktische Fälle sind die berufliche Neuorientierung, betriebs- oder krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitgebers( vgl. BGH NJW 2011, 1067) oder selbst veranlasste Kündigungen, die im Verhaltensbereich liegen.

2. Darlegungs – und Beweislast:
Der Unterhaltsverpflichtete trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass dem Unterhaltsberechtigten kein ehebedingter Nachteil i. S. des § 1578 b BGB entstanden ist. Da es sich um eine Negativtatsache handelt, erhält der Unterhaltsverpflichtete eine Erleichterung nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast. Dies bedeutet Folgendes: wenn der Unterhaltsverpflichtete pauschal behauptet, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden darf der Unterhaltsberechtigte nicht untätig bleiben. Er muss konkret darlegen, welche konkreten Nachteile entstanden sind .Dies erfolgt in der Praxis oftmals durch fiktiv fortgeschriebene Lohnbescheinigungen der früheren Arbeitgeber oder vergleichbarer Karriereverläufe, um die früher vorhandenen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten plausibel zu machen( vgl. BGH, NJW 2013, 1739, 2012,3434).

3.Widerlegung der ehebedingten Nachteile:
Wenn der Unterhaltsberechtigte substantiiert die sekundäre Beweislast vorgetragen hat, müssen die ehebedingten Nachteile vom Unterhaltsverpflichteten widerlegt werden( vgl. BGH, NJW 2012, 3434). Dies ist dann tatsächlich kaum mehr zu bewältigen. Es werden, abweichend von den Grundsätzen der Darlegungs– und Beweislast, Kausalitätserwägungen eingebracht. So wird oftmals behauptet der Arbeitsplatzwechsel sei, aus Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, als Neuorientierung vorgenommen worden. Dieser Sachvortrag scheitert oftmals daran, dass der Arbeitsplatzwechsel als innerhalb der Ehegestaltung wegen der Kindererziehung dargestellt wird, und somit die Aufgabe des Arbeitsplatzes nicht außerhalb der Ehegestaltung liegen kann. Es macht auch keinen Sinn, Dritte als Zeugen für irgendwelche, außerhalb der Ehegestaltung liegenden Aussagen des Unterhaltsberechtigten zu benennen oder gar Vereinbarungen zu behaupten. Die tatsächliche Gestaltung, nämlich Kinderbetreuung und Haushaltsführung ist entscheidend und begründet eine fast unwiderlegbare Vermutung für den Erwerbsnachteil. So hat der BGH den Einwand des Unterhaltsverpflichteten abgelehnt, er habe die Unterhaltsberechtigte während der Ehe zu einer Tätigkeit angehalten(vgl. BGH NJW 2011, 1067).

Auch der Einwand, der Unterhaltsberechtigte könnte bei entsprechenden Erwerbsbemühungen das „fortgeschriebene frühere Gehalt“ verdienen, kann die Kausalität zwischen Ehegestaltung und Erwerbsnachteil nicht aushebeln. Zum einen hat die fiktive Leistungsfähigkeit keinen Einfluss auf den ehebedingten Nachteil, zum anderen ist der Beweis kaum zu erbringen, dass bei entsprechenden Erwerbsbemühungen das frühere fortgeschriebene Einkommen verdient werden könnte. Dies mag in wenigen Ausnahmefällen gelingen, wird jedoch schon daran scheitern, dass vergleichbare Karriereverläufe und Tarifstrukturen dem widersprechen.

Fazit:
Die Folgesache nachehelicher Unterhalt, insbesondere der ehebedingte Nachteil bedürfen eines konkreten Sachvortrags, dem jedoch durch die dargestellten Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast Grenzen gesetzt sind. Neuorientierung und Arbeitgeberkündigungen können den Kausalzusammenhang zwischen Nachteil und Ehegestaltung begründen. Wenn der Unterhaltsberechtigte jedoch die sekundäre Beweislast durch konkreten Vortrag mit fortgeschriebenen Verdienstmöglichkeiten und Karriereverläufen belegt, bleibt kaum mehr Spielraum um den ehebedingten Nachteil im Rahmen der der Darlegungs– und Beweislast widerlegen zu können.

(Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Dr. jur. Werner Nickl, Eislingen)

geschrieben am: 14.06.2013 - 12:32:11 von: blaurani in der Kategorie nachehelicher Unterhalt
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Fragen und Antworten: 3 Kommentare


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28.11.2014 - 04:46:23:
mein freund ist noch verheiratet,aber lebt in trennung,muss er trotz dass er mit mir und meinen kindern zusammen lebt,für seine noch frau u...
08.08.2014 - 09:09:58:
Ehemann ist Frührentner, Ehefrau hört trotzdem zu Arbeiten auf wegen erziehung der Kinder. Kann Sie dann später ehebedingten Nachteil ang...
28.01.2014 - 10:52:20:
Alles Blödsinn, wenn falscher Name usw. macht jeder Richter seine eigenen Gesetze! Das zu Rechts(staat)

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