Die Erbschaftsteuerreform 2009 5/5

Die Erbschaftsteuerreform 2009
Was sich bei Vererbung und Übertragung von Privatvermögen ändert

1. Grundlage der Reform
Das Bundesverfassungsgericht hat im Januar 2007 entschieden, dass die unterschiedliche Bewertung vom Immobilien und sonstigem Vermögen bei Berechnung der Erbschafts- und Schenkungssteuer verfassungswidrig ist. Gleichzeitig hat das Gericht dem Gesetzgeber eine Frist bis Ende 2008 eingeräumt, um diese Verfassungswidrigkeit zu beseitigen.
Bislang wurden Immobilien für die Berechnung der Steuer mit einem wesentlich niedrigeren Wert angesetzt als alle anderen Vermögensgegenstände, so dass die Erben von Immobilien im Vergleich zu Erben von sonstigem Vermögen krass bevorzugt wurden. Diese ungleiche Behandlung wurde jetzt abgeschafft. Alle Vermögenswerte, die vererbt oder verschenkt werden, sind jetzt einheitlich mit dem Verkehrswert anzusetzen.
Kurz vor Ablauf der vom Verfassungsgericht gesetzten Frist wurde jetzt das Reformgesetz verabschiedet. Ohne Reformgesetz wären ab 1.1.09 alle Schenkungen und Erbschaften steuerfrei gewesen, was in anderen Ländern, z.B. Österreich der Fall ist, was aber in Deutschland politisch nicht gewünscht war.
Die Erbschaftsteuer sollte als Steuer „der Reichen“ aus sozialen Gründen nicht wegfallen.

2. Die neuen persönlichen Steuerfreibeträge
Alle Steuerfreibeträge wurden zum 1.1.2009 deutlich angehoben. Das war schon deshalb erforderlich, weil durch die höhere Bewertung von Immobilien der zu versteuernde Wert von Erbschaften immer dann angestiegen ist, wenn sich Immobilien im Nachlass befanden.
Die folgenden Freibeträge gelten sowohl für Erbschaften als auch für Schenkungen, sofern keine ausdrückliche Differenzierung erfolgt:

Ehegatten und eingetragene Lebenspartner 500.000€
Kinder, Stiefkinder und Adoptivkinder 400.000€
Enkel 200.000€
Kinder (Enkel) verstorbener Kinder 400.000€
Eltern und Großeltern bei Erbschaft 100.000€
Eltern und Großeltern bei Schenkung 20.000€
Alle anderen Personen 20.000€

3. Vergünstigung bei selbstgenutztem Eigenheim
Nach der Intention des Gesetzgebers soll die Vererbung der selbstgenutzten Immobilie im engsten Familienkreis begünstigt werden, nach dem Motto: Das Elternhaus und das Haus des Ehepartners bleibt weitgehend steuerfrei, wenn es vom Erben dauerhaft genutzt wird.
Diese Vergünstigung gilt für Ehepartner, eingetragene Lebenspartner und für Kinder. Sie können zusätzlich zu den oben genannten Freibeträgen eine Immobilie erben ohne Steuern zu zahlen, wenn die Immobilie für mindestens 10 Jahre selbstgenutzt wird und zwar als Hauptwohnsitz.
Für Kinder gilt allerdings noch eine Einschränkung: die selbstgenutzte Immobilie ist nur bis zu einer Wohnfläche von 200 qm steuerfrei.
Erbt ein Kind beispielsweise ein selbstbewohntes Haus mit 300 qm Wohnfläche,so muss es den Wert von 100 qm versteuern, sofern der Freibetrag anderweitig schon ausgeschöpft ist.

4. Die neuen Steuerklassen und Steuersätze
Erbschaften und Schenkungen, die über den Freibeträgen und sonstigen
Freistellungen liegen, sind mit dem überschießenden Betrag zu versteuern.
Erbt ein Enkelkind beispielsweise 300.000€ Bankguthaben, so muss es 100.000€ versteuern, weil sein Freibetrag von 200.000€ abgezogen wird.
Die Höhe der Steuer richtet sich nach der Steuerklasse und den Steuersätzen.
In Steuerklasse I beträgt der Steuersatz zwischen 7 % und 30 %.
Sie gilt für folgende Personen:
Ehegatten, Kinder, Stief- und Adoptivkinder, Enkel,
Eltern und Großeltern bei Erbschaften.
Der genaue Steuersatz kann in folgender Tabelle abgelesen werden:

Wert des steuerpflichtigen Erwerbs Prozentsatz in der Steuerklasse I
bis 75.000 € 7 %
bis 300.000 € 11 %
bis 600.000 € 15 %
bis 6.000.000 € 19 %
bis 13.000.000 € 23 %
bis 26.000.000 € 27 %
über 26.000.000 € 30 %

Im Beispielsfall muss das Enkelkind, das 300.000€ erbt, 100.000 € versteuern mit einem Steuersatz von 11 % .Es muss daher 11.000 € Erbschaftssteuer zahlen.
Die Steuerklassen II und III wurden in Bezug auf die Steuersätze vereinheitlicht.
Der Steuersatz in Steuerklasse II und III beträgt:
30 % bei einem steuerpflichtigen Erwerb bis 6.000.000 €
50 % bei einem steuerpflichtigen Erwerb über 6.000.000 €
Diese hohen Steuersätze gelten für alle Personen, die nicht zur Steuerklasse I gehören, sowie für Eltern und Großeltern bei Schenkung.

Beispiel: Erbt ein Neffe von seiner Tante ein Haus mit einem Verkehrswert von 400.000 €, so hat er nach Abzug seines Freibetrages von 20.000 € einen steuerpflichtigen Erwerb von 380.000 €. Diesen muss er mit 30 % versteuern.
Er muss deshalb 114.000 € Erbschaftssteuer zahlen, selbst wenn er das Haus auf Dauer selbst bewohnen würde, weil er nicht zum begünstigten Personenkreis gemäß Ziff.3 gehört. Für die Dauer der Selbstnutzung kann die Steuer allerdings gestundet werden.
Wird eine Wertstufe der Steuersatztabellen nur geringfügig überschritten, so gilt bei allen Steuerklassen eine Minderungsregel.
.
5. Ausblick
Gewinner der Reform sind Ehepartner und Kinder, sowie die eingetragenen Lebenspartner, insbesondere wenn sie Luxusimmobilien erben und auf Dauer bewohnen.
Verlierer der Reform sind die nichtehelichen Lebenspartner, sowie Geschwister, Neffen und Nichten, weil sie alles, was über dem Freibetrag von 20.000 € liegt, gleich mit 30 % versteuern müssen.
Die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes ist bereits angezweifelt worden. Es erscheint fraglich, ob der große Unterschied zwischen der Besteuerung in Steuerklasse I und Steuerklasse II / III inhaltlich gerechtfertigt ist. Vor allem die hohe Steuerbelastung von Geschwistern, Neffen und Nichten sowie den nichtehelichen Lebenspartnern könnte unverhältnismäßig sein, denn sie tragen nach der Reform dieselbe Steuerlast wie nicht verwandte Personen.
Insgesamt wird die Anwendung des Reformgesetzes viel Verwaltungsaufwand verursachen wegen der Bewertung der Grundstücke und der Überwachung der Haltefristen bei selbstbewohnten Immobilien und bei Betriebsvermögen.
Das Steueraufkommen durch die Erbschafts- und Schenkungssteuer wird sich durch die Reform voraussichtlich nicht wesentlich ändern, es liegt bei ca. 4,8 Milliarden € im Jahr, das ist weniger als 1 Prozent des gesamten Steueraufkommens von Bund, Ländern und Gemeinden.

geschrieben am 19.12.2008 von Rechtsanwältin Eichberger, München
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beigefügte Anlagen

geschrieben am: 19.12.2008 - 11:39:17 von: Victoria in der Kategorie Steuern
(Geändert 05.02.2009 - 18:21:07) 3020 mal gelesen
Fragen und Antworten: 3 Kommentare


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22.05.2011 - 15:45:35:
wie wird eine lv nach einer scheidung besteuert?
28.07.2009 - 14:30:46:
Wahrscheinlich müssen Sie überhaupt keine Steuern zahlen, denn wenn Sie von Ihrem Mann im Zusammenhang mit der Ehescheidung etwas erhalten...
28.07.2009 - 10:43:47:
Ich bin seit 01.12.2008 geschieden. Wir hatten einen gemeinsam je 1/2 einen EFH. Nun bin ich mit 2 Kindern im Haus geblieben und habe mit m...

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