Großeltern haften für Unterhalt der Enkelkinder
In Anbetracht hoher Arbeitslosigkeit kommt es immer häufiger dazu, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil – meist der Kindesvater – den Kindesunterhalt nicht mehr oder nur noch zum Teil bezahlen kann. Dass in diesem Fall auch die Großeltern für den Unterhalt ihrer Enkel herangezogen werden können, ist den wenigsten bekannt.
1. Fall: Fehlende Leistungsfähigkeit der Eltern
Die so genannte Ersatzhaftung der Großeltern kommt zunächst nach § 1607 Abs. 1 BGB in Betracht, wenn ein Elternteil oder beide Eltern nicht leistungsfähig sind. Dies ist dann der Fall, wenn die Differenz zwischen dem bereinigten Nettoeinkommen und dem jeweiligen Selbstbehalt (770 EUR bei Nichterwerbstätigen und 950 EUR bei Erwerbstätigen) nicht ausreicht, um den Mindestunterhalt der Kinder abzudecken (bei Kindern bis zum 5.Lebensjahr 225 €, bis zum 11.Lebensjahr 272 €, bis zum 17.Lebensjahr 334 € = Stand 2011).
Wenn sowohl der barunterhaltspflichtige als auch der betreuende Elternteil nicht leitstungsfähig sind, haften alle Großeltern – also väterlicherseits wie auch mütterlicherseits – für den nicht abgedeckten Unterhalt der Enkelkinder. Die Haftung erfolgt anteilig nach dem Verhältnis der jeweiligen Einkünfte der Großeltern. Eine Haftung kommt allerdings nur in Betracht, wenn das bereinigte Nettoeinkommen des in Anspruch genommenen Großelternteils 1.500 € übersteigt.
2. Fall: Rechtsverfolgung erschwert oder ausgeschlossen
Nach § 1607 Abs. 2 BGB tritt die Ersatzhaftung auch dann ein, wenn die Rechtsverfolgung gegen die vorrangig haftenden Eltern im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist, also z.B. wenn der vorrangig haftende Elternteil unbekannten Aufenthalts ist oder sich im Ausland aufhält und im Inland kein vollstreckungsfähiges Vermögen vorhanden ist.
Entzieht sich der unterhaltspflichtige Elternteil seiner Zahlungsverpflichtung absichtlich, dann haften nur seine Eltern für den ungedeckten Kindesunterhalt.
Unterhaltshöhe: Einkommen der Eltern ist maßgeblich
Der Unterhaltsbedarf des Kindes richtet sich gemäß § 1610 I BGB nach den Einkommensverhältnissen der Eltern und nicht der Großeltern. Nachdem die Ersatzhaftung nur bei Leistungsunfähigkeit oder Leistungsentzug des barunterhaltspflichtigen Elternteils eingreift, wird in der Regel nur der Regelbetrag (= Mindestunterhalt) nach der Düsseldorfer Tabelle (s.o.)als Unterhalt geschuldet.
(Geändert 28.02.2012 - 10:18:44) 21989 mal gelesen
Der Vater meiner Tochter hat sein Stiefsohn adoptiert und kann jetzt nicht mehr den Mindestunterhalt für meine Tochter aufbringen. Kann ich...
25.08.2012 - 21:59:29:
Wir sind geschieden und haben 2 eheliche Kinder (8 + 10 Jahre). Die Kinder leben bei der Mutter, gemeinsames Sorgerecht. Die Mutter bezieht ...
27.07.2012 - 12:25:34:
Lieber Herr Hein, ich brauche ein Rat bzw.Hilfe. die Eltern des Bekannten werden jetzt von seiner Ex-Freundin durch ein Anwalt zur Ers...
Autor:
Ralf Hein
Kanzlei Thümlein & Kollegen
Ähnliche Fachartikel
- Unterhaltsanspruch gegen Großeltern
- Unterhalt für immer
- Umschulung und Unterhalt
- Unterhalt bei Auslandsstudium
- BGH-Urteil vom 28.03.07 zum Unterhalt
-
von diesem Autor:
- ELTERNUNTERHALT: NEUE SELBSBEHALTSÄTZE - NEUE BGH RECHTPSRECHUNG
- Unterhaltsanspruch während eines freiwilligen sozialen Jahrs
- Betreuungsunterhalt: Ausweitung der Erwerbstätigkeit, wenn anderer Elternteil Kindesbetreuung anbietet
- Schwigereltern können Zuwendungen leichter zurückfordern: BGH ändert Rechtsprechung
- Kindesunterhalt: Wann muss der Unterhaltsschuldner einen Nebenjob annehmen?