Keine Prozesskostenhilfe für die gerichtliche Geltendmachung rückübertragener Unterhaltsansprüche 0/5

Der Bundesgerichtshof hat am 02. April 2008 (XII ZB 266/03) entschieden, dass für die gerichtliche Geltendmachung der von einem Sozialhilfeträger rückübertragenen Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigte grundsätzlich nicht bedürftig ist im Sinne von § 114 ZPO, da ihm ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den Sozialhilfeträger zusteht.

Allein der Gesichtspunkt der Prozessökonomie begründet regelmäßig kein im Bewilligungsverfahren zu berücksichtigendes Interesse des So-zialleistungsberechtigten an einer einheitlichen Geltendmachung bei ihm verbliebener und vom Sozialleistungsträger rückübertragener Unterhaltsansprüche.

Lediglich dann, wenn der Leistungsberechtigte durch den Verweis auf den Vorschussanspruch eigene Nachteile erleiden würde oder wenn sie die Geltendmachung rückübertragener Ansprüche neben denen beim Unterhaltsgläubiger verbliebenen Unterhaltsansprüchen kostenrechtlich nicht auswirkt, ist der Einsatz des Vorschusses nicht zumutbar.

Mit der vorliegenden Entscheidung hat der Bundesgerichtshof einen in der Rechtsprechung und Literatur äußerst umstrittenen Sachverhalt entschieden. Es geht dabei darum, ob einem unterhaltsberechtigten Sozialhilfeempfänger Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung zunächst Kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger übergegangener, anschließend aber nach § 91 Abs. 4 S. 1 BSHG a. F. (Seit 01.01.2005 wortgleich in § 94 Abs. 5 S. 2 SGB-XII übernommen; vgl. auch § 7 Abs. 4 S. 3 UVG) rückübertragener Unterhaltsansprüche bewilligt werden darf.

Im Rahmen der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen kommt es immer wieder zu der Situation, dass der Mandant bereits Sozialhilfeleistungen oder Unterhaltsvorschussleistungen erhält, die jedoch seinen Bedarf nicht decken. Im Rahmen der Geltendmachung der künftigen Ansprüche muss sich der den Anspruchsberechtigten vertretende Anwalt fragen, ob er auch die Rückstände gerichtlicherseits geltend machen soll. Da diese Kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger übergegangen sind, bedarf es eines Rückübertragungsvertrages zwischen dem anspruchsberechtigten Mandanten und dem Sozialhilfeträger. Umstritten war die Frage, ob das Gericht hierfür Prozesskostenhilfe bewilligen muss, sofern der Sozialhilfeträger seine auf ihn übergegangenen Ansprüche rückübertragen hat.

Zum Teil wurde davon ausgegangen, dass der Sozialhilfeempfänger für die Geltendmachung rückübertragener Unterhaltsansprüche grundsätzlich Prozesskostenhilfe beanspruchen könne, wobei für die Feststellung der Bedürftigkeit ausschließlich auf seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen sei (§ 94 Abs. 5 S. 2 SGB XII). Der Leistungsberechtigte könne im Rahmen der Prozesskostenhilfe auch nicht auf die Ko-stenübernahmeverpflichtung des Leistungsträger verwiesen werden. Einschränkend wurde die Auffassung vertreten, Prozesskostenhilfe sei wegen Mutwilligkeit den-noch zu versagen, wenn es dem Unterhaltsgläubiger ausschließlich oder im We-sentlich darum ging, rückübertragene Unterhaltsansprüche geltend zu machen.

Dem gegenüber wurde die Auffassung vertreten, die leistungsberechtigte Person könne vom Sozialhilfeträger aus § 94 Abs. 5 S. 2 SGB XII, zumindest aber aus dem die Rückübertragung der Unterhaltsansprüche begründeten Auftragsverhältnis, ei-nen Prozesskostenvorschuss beanspruchen; die Gewährung von Prozesskosten-hilfe scheidet daher aus. Da der Unterhaltsberechtigte hinsichtlich der Geltendma-chung rückübertragener Unterhaltsansprüche im Interesse des Sozialhilfeträgers handele, könne es nicht Aufgabe der Prozesskostenhilfe sein, die vorrangig den Sozialämtern obliegende Durchsetzung eigener Aufwendungen zu finanzieren.

Einschränkend wurde hierzu jedoch vertreten, dass es aus prozessökonomischen Gründen und zum Zwecke der Gewährleistung eines einheitlichen Verfahrens sinn-voll sei, dem Unterhaltsberechtigte insgesamt Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn er mit der beabsichtigten Klage neben denen vom Sozialhilfeträger rücküber-tragenen Unterhaltsrückständen auch laufenden Unterhalt geltend macht und der auf die Rückstände entfallende Streitwert gegenüber demjenigen des laufenden Unterhalts nicht wesentlich ins Gewicht fällt.

Der BGH hat nunmehr entschieden, dass die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung rückübertragener Unterhaltsansprüche nicht in Frage kommt, da der Unterhaltsberechtigte diesbezüglich nicht bedürftig sei. Er habe vielmehr einen Prozesskostenvorschussanspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger, der als Vermögenswert seine Bedürftigkeit ausschließt. Für die Geltendmachung laufenden Unterhalts ab Rechtshängigkeit der Klage, also für die Zukunft, ist dem Unterhaltsberechtigten selbstverständlich stets Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit nach seinem Vortrag Erfolgsaussicht besteht und er selbst bedürftig ist. Hin-sichtlich der Geltendmachung der rückständigen Unterhaltsansprüche hat der Sozi-alhilfeträger zunächst abzuschätzen, ob diese Aussicht auf Erfolg haben und ggf. dann dem Unterhaltsberechtigten die Mittel zur Prozessführung im Rahmen des Prozesskostenvorschusses zur Verfügung zu stellen.



geschrieben am: 09.06.2008 - 13:14:22 von: in der Kategorie Prozesskostenhilfe
(Geändert 04.08.2008 - 15:38:40) 4051 mal gelesen
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