Rückforderungsansprüche von Schwiegereltern 4.75/5

03.06.10 ACHTUNG, BHG hat seine Rechtsprechung geändert! Siehe Anlage unten


Rückabwicklung von Zuwendungen und Arbeitsleistungen von Schwiegereltern und Schwiegerkinder

Im Rahmen von Ehescheidungen verlangen häufig Schwiegereltern die Rückgewähr von Zuwendungen bzw. einen finanziellen Ausgleich für erbrachte Arbeitsleistungen, die sie in Erwartung des Fortbestandes der Ehe dem Schwiegerkind gewährt haben. Direkte Ansprüche der Schwiegereltern sind sehr selten gegeben. Vorrangig erfolgt der Ausgleich über das Güterrecht.

Nachfolgend wird dargestellt, wie die Rückforderungsansprüche beim Zugewinnausgleich berücksichtigt werden.

1. Ausgleichsansprüche der Schwiegereltern aufgrund finanzieller Zuwendungen

a) Das eigene Kind soll begünstigt bleiben

Die Schwiegereltern überweisen einen Betrag von € 100.000,00 auf das Gemeinschaftskonto der Eheleute zur Ablösung der Belastung des Familienheims, das dem Schwiegerkind allein gehört. Da die Ehe zwischen dem Schwiegerkind und dem eigenen Kind gescheitert ist, verlangen die Schwiegereltern von dem Schwiegerkind M den Betrag zurück.

Der für Familiensachen zuständige 12. Zivilsenat des BGH sieht Zuwendungen von Schwiegereltern nicht als Schenkung, da Rechtsgrund der Zuwendung ein im Gesetz nicht geregeltes familienrechtliches Rechtsverhältnis eigener Art sei (FamRZ 1995, 1060; FamRZ 2003, 223). Ausgleichsansprüche kommen deshalb nach dieser Rechtsauffassung nur unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht. Ein eigener Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern ist nur gegeben, wenn die güterrechtliche Lösung, also der Zugewinnausgleich zwischen den Ehegatten, zu schlechthin unerträglichen Ergebnissen führt. Eine Unerträglichkeit liegt dann nicht vor, wenn die zuwendenden Schwiegereltern für den Fall des Scheiterns der Ehe die gesamte Zuwendung dem eigenen Kind gemacht hätten und dieses über den Zugewinnausgleich entsprechende Ausgleichsansprüche vom Ehepartner erhalten würde. Im Falle des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft würde beim Zugewinnausgleich die Hälfte des Wertes der Zuwendung dem Anfangsvermögen des eigenen Kindes zugerechnet werden.

Unterstellt, die Schwiegereltern haben beiden Eheleuten € 100.000,00 zur Tilgung des Hausdarlehens geschenkt, würden die Hälfte, also € 50.000,00, bei der eigenen Tochter als Anfangsvermögen berücksichtigt werden.

Beim Schwiegersohn wurden dagegen die 50.000,00 nicht im Anfangsvermögen berücksichtigt. Wenn die eigene Tochter am Ende der Ehe ein Endvermögen von € 100.000,00 hat, beziffert sich ihr Zugewinn auf € 50.000,00 (Endvermögen € 100.000,00 minus Anfangsvermögen € 50.000,00).

Hat der Schwiegersohn am Ende der Ehe ebenfalls ein Endvermögen von € 100.000,00 beträgt sein Zugewinn € 100.000,00, da er kein Anfangsvermögen hatte.

Der Schwiegersohn wäre verpflichtet, die Hälfte der Differenz der beiden Zugewinne (= € 25.000,00) auszugleichen.

Folgt man der oben erwähnten BGH-Entscheidung, kommt also vorrangig die Regelung über den Zugewinnausgleich zur Anwendung (siehe Rechenbeispiel oben). Ein direkter Rückgewährsanspruch der Schwiegereltern kommt in der Regel nach dieser Ansicht nur in Betracht, wenn der Zugewinnausgleich zu keiner angemessenen Beteiligung des eigenen Kindes führt. Dies wäre z. B. der Fall, wenn das Schwiegerkind hoch verschuldet wäre und daher kein Zugewinnausgleichsanspruch der Tochter gegeben wäre.

Beispiel:

Der Schwiegersohn verfügt zwar über Aktiva im Endvermögen (Wert € 100.000,00), aber auch über Schulden in Höhe von € 100.000,00. Mithin wäre sein Zugewinn € 0,00 und die eigene Tochter mit einem Zugewinn von € 50.000,00 (siehe oben) wäre ihrem Ehegatten zugewinnausgleichspflichtig. Bei dieser Konstellation käme auch nach dem BGH ein Rückgewährsanspruch der Schwiegereltern gegenüber dem Schwiegersohn in Betracht.

Ein Rückgewährsanspruch kommt weiter in Betracht, wenn die Schwiegereltern mit der Zuwendung in die Zukunft gerichtete eigene Interessen verfolgt haben, z. B. die Aufnahme im Falle der Pflegebedürftigkeit (siehe BGH, FamRZ 1995, 1060, 1062).


b) Rückforderungsansprüche gegen das eigene Kind und das Schwiegerkind

Es existieren aber auch andere Gerichtsurteile. So sieht das OLG München in einer Geldzuwendung zum Zwecke des Erwerbs eines Familienheims an beide Ehegatten eine ehebezogene Zuwendung nicht nur gegenüber dem Schwiegerkind, sondern auch gegenüber dem eigenen Kind und bejaht eine gesamtschuldnerische Rückgewährspflicht nach Scheitern der Ehe (siehe FamRZ 2004, 196)!

Das OLG Nürnberg sieht in unentgeltlichen Zuwendungen der Eltern eines Ehegatten unbenannte (ehebezogene) Zuwendungen an beide Ehepartner mit der Folge, dass auch bei dem eigenen Kind die Zuwendung nicht als privilegiertes Anfangsvermögen im Zugewinn zu berücksichtigen ist (siehe FuR 2005, 431). Diese Fälle, wonach die Eltern sowohl vom eigenen als auch vom Schwiegerkind die Rückerstattung der Zuwendung verlangen, dürften relativ selten sein.

2. Ausgleichsansprüche bei Arbeitsleistungen zur Errichtung eines Familienheimes

Die Schwiegereltern leisten beim Hausbau auf einem dem Schwiegerkind gehörenden Grundstück mehr als 1000 Arbeitsstunden zur Errichtung des Familienheimes. Bei der Scheidung der Ehe verlangen die Schwiegereltern einen finanziellen Ausgleich.

Nach Ansicht des BGH sind Arbeitsleistungen nicht als Schenkungen anzusehen, da sie keine Vermögenseinbuße der Schwiegereltern bewirken (siehe BGH, FamRZ 1994, 1167). Auch hier muss zunächst der Ausgleich über den Zugewinn erfolgen. Der Höhe nach ist der Anspruch zu beschränken auf den Betrag, um den das Vermögen des Schwiegerkindes zum Zeitpunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage noch vermehrt ist (FamRZ 2005, 485, 489). Die Schwiegereltern haben in der Regel keinen eigenen Anspruch gegen das Schwiegerkind. Das eigene Kind kann die Arbeitsleistungen der Eltern wieder als Anfangsvermögen betrachten. Bewertet man die Arbeitsleistung der Schwiegereltern im Beispielsfall mit € 20.000,00, wirkt sich dies im Zugewinnausgleich folgendermaßen aus:

Die Tochter kann den „halben Wert der Mitarbeit“, somit € 10.000,00, sowohl im Anfangsvermögen als auch im Endvermögen ansetzen (folglich kein Zugewinn). Beim Schwiegersohn wird die anteilige Wertsteigerung in Höhe von € 10.000,00 nur seinem Endvermögen zugerechnet (Anfangsvermögen 0,00 € = Zugewinn 10.000,00 €).

Auf diese Weise muss der Schwiegersohn über den Zugewinnausgleich (1/2 von € 10.000,00 Zugewinn) € 5.000,00 an seine Ehefrau bezahlen. Ein eigener Anspruch der Schwiegereltern wegen der geleisteten Arbeit kann sich (wie bei finanziellen Zuwendungen siehe oben 1 a) ausnahmsweise ergeben, wenn

- die Schwiegereltern in die Zukunft gerichtete eigene Interessen verfolgten bei der Arbeitsleistung;

- der Zugewinnausgleich zwischen den Eheleuten zu keiner angemessenen Begünstigung des eigenen Kindes führt, weil z. B. das Schwiegerkind überschuldet ist, damit auch das Endvermögen negativ ist und folglich kein Zugewinnausgleich zugunsten der Ehefrau stattfindet;

- oder wenn zwischen den Eheleuten Gütertrennung vereinbart war.

Eigene Interessen haben die Schwiegereltern unter anderem dann verfolgt, wenn sie sich durch ihre Mithilfe beim Hausbau einen unentgeltlichen Altersruhesitz sichern wollten. Haben die Schwiegereltern demnach einen Ausgleichsanspruch direkt gegenüber dem Schwiegerkind, findet der Ausgleich der Höhe nach aber nur dann statt, wenn „beim Scheitern der Ehe die Früchte der geleisteten Arbeit in Gestalt einer messbaren Vermögensmehrung noch vorhanden sind“ (siehe BGH, FamRZ 1987, 910, 912). Die Höhe des Ausgleichsanspruchs hängt weiter ab von:

- Art und Umfang der erbrachten Arbeitsleistung;

- die Höhe der durch die Mitarbeit geschaffenen Vermögensmehrung;

- die Dauer der Ehe des Kindes;

- den beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen.

3. Ansprüche der Schwiegereltern bei Zuwendung eines Hausgrundstücks

Beispiel:

Die Schwiegereltern übertragen auf die Eheleute je 1/2 Hausgrundstück unter Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts für sich. Nach der Ehescheidung verlangen sie die Rückübertragung des hälftigen Anteils vom Schwiegerkind. Der BGH bejaht hier einen unmittelbaren Anspruch der Schwiegereltern gegen das Schwiegerkind. Da die Schwiegereltern mit der Sicherung des Wohnrechts auch eigene, in die Zukunft gerichtete Interessen verfolgt haben, ist mit dem Scheitern der Ehe die Geschäftsgrundlage für die Eigentumsübertragung an das Schwiegerkind weggefallen. Somit kann ein Ausgleich in Geld verlangt werden. Es kann sogar die Rückübereignung verlangt werden, wenn dadurch ein untragbarer, mit den Grundsätzen von Treu und Glauben unvermeidbarer Zustand vermieden werden kann (siehe BGH, FamRZ 1999, 365, 366).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor, weil nur bei Rückgewähr des hälftigen Anteils das Anwesen im Familienbesitz bleibt. Zug um Zug gegen Rückgewähr ist eine angemessene Ausgleichszahlung zu leisten.

Der BGH bejaht einen Rückgewährsanspruch bei Scheitern der Ehe. Maßgeblich für den Zeitpunkt kann die endgültige Trennung der Parteien, die Zustellung des Scheidungsantrages oder die Rechtskraft der Ehescheidung sein. Die herrschende Rechtsprechung sieht ein Scheitern der Ehe bei endgültiger Trennung der Eheleute, d. h. beim Auszug eines Ehegatten mit seinen persönlichen Sachen aus der Wohnung. Trennen sich die Eheleute in der ehelichen Wohnung und erbringt die Ehefrau für den Mann noch Leistungen, fehlt es an einem endgültigen Scheitern der Ehe.

Im Rahmen des Zugewinnausgleichs wird die hälftige Grundstücksüberlassung beim eigenen Kind als Anfangsvermögen berücksichtigt. Beim Endvermögen ist der jeweilige 1/2-Miteigentumsanteil am Grundstück bei beiden Ehegatten mit dem gleichen Wert anzusetzen, auf Seiten des Schwiegerkindes zusätzlich als Passiva.

Im Ergebnis läuft dies darauf hinaus, dass im Endvermögen beim Schwiegerkind gar nichts einzustellen ist und auf der anderen Seite beim eigenen Kind dem Endvermögen aber auch eine Schenkung gegenübersteht, die nach den allgemeinen Grundsätzen ins Anfangsvermögen einzustellen ist. Im Ergebnis muss der Schwiegersohn seinen Hälfteanteil zurückübertragen und erhält aber auch von der Ehefrau keinerlei Ausgleich, es sei denn, dass die Zuwendung an die Ehefrau seit der Schenkung im Wert gestiegen ist.

4. Rückgewährsansprüche des Schwiegersohns gegen der Schwiegereltern wegen Aufwendungen beim Umbau/Ausbau des Hauses

Beispiel:

Der Schwiegersohn hat mit Einverständnis seiner Schwiegereltern deren Haus, in dem sich seine Ehewohnung befindet, aus- und umgebaut. Nach der Trennung von seiner Ehefrau und Auszug aus der Ehewohnung verlangt der Schwiegersohn von den Schwiegereltern das investierte Geld zurück.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Schwiegereltern dem Schwiegersohn und seiner Familie in der Regel die Ehewohnung unentgeltlich zur Nutzung überlassen haben.

Überlassen Schwiegereltern den Kindern unentgeltlich Räume zum Wohnen, so kommt dadurch in der Regel ein Leihvertrag zustande. Ansprüche wegen finanzieller Aufwendungen ergeben sich erst, wenn beide Eheleute das Leihverhältnis beendet haben. Zieht nur ein Ehegatte aus und bleibt der andere in der Wohnung, besteht der Leihvertrag fort. Ist das Leihverhältnis beendet, entfällt der Rechtsgrund für die Investitionen. Es besteht ein Bereicherungsanspruch des Schwiegersohnes nach § 812 Abs. 1 S. 2 1. Alternative BGB. Auszugleichen ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Ertragswert durch eine Geldrente in Höhe der Differenz zwischen der Miete nach und vor dem Umbau. Der Anspruch des Schwiegerkindes bestimmt sich damit nicht nach den investierten Kosten oder der geschaffenen Werterhöhung, sondern nach der objektiven Erhöhung des Ertragswertes des Gebäudes. Es ist also von der ortsüblichen Miete nach dem Ausbau auszugehen und hiervon der Mietwert der Räume vor der Investition abzusetzen, denn nur bezüglich des „Mehrwertes“ besteht eine Bereicherung. Die tatsächliche Bereicherung der Schwiegereltern hängt davon ab, inwieweit es ihnen gelingt, die Räume zu einem höheren Mietzins zu vermieten. Der eingetretene Vermögensvorteil ist durch Zahlung einer Geldrente in Höhe der Mietertragsdifferenz auszugleichen (siehe BGH, FamRZ 1990, 843).


5. Empfehlung für die Schwiegereltern

Zur Vermeidung von Schwierigkeiten bei der Durchsetzung eines Rückgewähranspruches der Schwiegereltern sollte ein Darlehensvertrag geschlossen werden wie folgt:

„Herr/Frau ... gewährt ihrem Schwiegerkind ein Darlehen in Höhe von € ...... Die Rückzahlung wird gestundet. Im Falle der rechtskräftigen Scheidung der Ehe verpflichtet sich das Schwiegerkind, das Darlehen nebst ... % Zinsen ab Rechtskraft der Scheidung zurückzuzahlen.“

gez. Rain Caroline Kistler



beigefügte Anlagen

geschrieben am: 23.05.2007 - 17:39:09 von: kistler in der Kategorie Zugewinnausgleich
(Geändert 03.06.2010 - 19:04:51) 20459 mal gelesen
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