Scheidung – wie läuft das Verfahren bei Gericht? 0/5

Der beauftragte Rechtsanwalt reicht für seinen Mandanten den Scheidungsantrag beim zuständigen Familiengericht ein. Damit ist das Scheidungsverfahren anhängig, wie die Juristen sagen, und der Antrag stellende Ehegatte heißt fortan „Antragsteller“. Der andere Ehegatte wird generell als „Antragsgegner“ bezeichnet, völlig unabhängig davon, ob er dem Scheidungsantrag entgegentreten will oder nicht.

Das Verfahrensrecht ist geregelt im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Das Gericht prüft seine örtliche Zuständigkeit und weitere Voraussetzungen (z.B. Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses, entbehrlich bei Beantragung von Verfahrenskostenhilfe). Liegen die Voraussetzungen vor, wird der Scheidungsantrag dem Antragsgegner förmlich zugestellt. Mit dem Tag der Zustellung ist das Scheidungsverfahren rechtshängig. Dieser Zeitpunkt kann in vieler Hinsicht Bedeutung haben. Er markiert beispielsweise das Ende der Versorgungsgemeinschaft (relevant für die Berechnung des Versorgungsausgleichs; was ist der Versorgungsausgleich? Siehe unter wichtige Begriffe), das Ende der Zugewinngemeinschaft (relevant für die Bestimmung des Endvermögens und für die Berechnung des Zugewinnausgleichs) und ab diesem Zeitpunkt ist auch das gesetzliche Erbrecht des Antragsgegners suspendiert.

Der Antragsgegner bekommt Gelegenheit zur Stellungnahme. Er kann sich äußern zu den Angaben im Scheidungsantrag, z. B. zu den persönlichen Angaben, zum vorgetragenen Trennungszeitpunkt, zu etwa beabsichtigten weiteren Verfahren, usw. Er kann sich entscheiden, ob er dem Antrag zustimmen wird oder einen eigenen Scheidungsantrag stellt oder dem Antrag entgegen treten will. Endgültig festlegen muss sich der Antragsgegner streng genommen erst später, nämlich im Scheidungstermin.

In der Regel wird bei Verfahrensbeginn von Amts wegen, d. h. ohne dass es hierfür eines ausdrücklichen Antrages bedarf, durch das Familiengericht das Verfahren wegen Versorgungsausgleichs eingeleitet. Ausnahmen bestehen z. B. bei Fällen mit Auslandsbezug. Das Gericht sendet beiden Ehegatten amtliche Vordrucke zu, in denen diese vollständige Angaben zu ihren bisherigen Arbeitgebern und etwaigen Zusatzversorgungen, privaten Altersvorsorgeverträgen, usw. machen müssen. Hier besteht eine Mitwirkungspflicht. Das Familiengericht kann ggf. sogar Zwangsmittel verhängen.

Das Familiengericht schreibt dann die jeweiligen Versorgungsträger an und fordert diese zur Auskunft (Berechnungen der jeweiligen Anrechte) auf. Diese Auskünfte/Berechnungen sind die Basis für die Berechnung des Versorgungsausgleichs. Der Versorgungsausgleich wird vom Familiengericht durchgeführt, und zwar wie folgt: Das Familiengericht hört die Beteiligten zu den Auskünften an und entscheidet dann für jedes einzelne Anrecht gesondert, ob und in welcher Höhe ein Ausgleich an den anderen Ehegatten erfolgen soll. Die Entscheidung erfolgt grundsätzlich im Ehescheidungsbeschluss. Die Versorgungsträger sind verpflichtet, die Entscheidung umzusetzen, also die jeweiligen Anrechte zu kürzen, zu erhöhen oder neu zu begründen. Beziehen die Ehegatten noch keine Altersrente, merken sie vom Versorgungsausgleich in der Regel noch nichts. Erst mit Rentenbezug zeigen sich dann die Auswirkungen. Mehr erfahren Sie z.B. auf den Seiten der Deutschen Rentenversicherung.

Liegt eine ehevertragliche Vereinbarung vor, in der die Ehegatten den Versorgungsausgleich beschränkt oder ausgeschlossen haben, wird das Familiengericht gleichwohl Auskünfte einholen. Das Gesetz verpflichtet den Familienrichter zur Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle. Er muss prüfen, ob die Vereinbarung etwa sittenwidrig zustande kam oder ob es sonstige Gründe gibt, die aus heutiger Sicht Abweichungen erforderlich machen.

Ehescheidung und die Folgesache Versorgungsausgleich bilden einen Verfahrensverbund, werden also zusammen verhandelt und entschieden. Folgesachen können auch noch weitere familiengerichtliche Verfahren sein, bei denen ein Ehegatte eine Entscheidung für den Fall der Scheidung beantragt (z. B. nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich).

Sobald Ehescheidung und die Folgesachen entscheidungsreif sind, bestimmt das Familiengericht einen Termin zur mündlichen Verhandlung und lädt die Ehegatten mit ihren jeweiligen Vertretern hierzu (Scheidungstermin). Das Familiengericht entscheidet nicht durch ein Richtergremium, sondern durch eine/n einzelne/n Richter/in. Die Verhandlungen sind nicht öffentlich und finden regelmäßig in dessen/deren Dienstzimmer statt. In der Regel verkündet das Familiengericht den Scheidungsbeschluss bereits im Termin. Gegen den Beschluss kann theoretisch binnen Monatsfrist das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt werden. Die Frist beginnt erst mit Zustellung des Beschlusses zu laufen. Wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, wird die Ehescheidung rechtskräftig. Sind beide Ehegatten anwaltlich vertreten, können sie auch einen Rechtmittelverzicht erklären und dadurch herbeiführen, dass Rechtskraft sofort eintritt. Die Beteiligten verlassen dann bereits den Scheidungstermin als rechtskräftig Geschiedene.

Übrigens beträgt die durchschnittliche Verfahrensdauer etwa 9 Monate. Eine kürzere Dauer ist nur möglich, wenn keine Folgesache oder nur die (schnell bearbeitete) Folgesache Versorgungsausgleich anhängig sind.

Dieser Beitrag kann nur einen kleinen Einblick geben und ersetzt keine anwaltliche Beratung. Ich entscheide gemeinsam mit meinem/r Mandanten/in, welche Anträge gestellt werden sollten und wann. Wir legen häufig bereits weit vor dem Beginn des Ehescheidungsverfahrens eine passende Strategie fest. Ich berate Sie gerne.

Biete ich auch eine “Online-Scheidung“ an?

Eine “Online-Scheidung” im engeren Sinne mache ich nicht. Die Ehe wird vor einem Gericht geschieden – “offline”, in einem familiengerichtlichen Verfahren, nach einem Anhörungstermin bei Anwesenheit beider Ehegatten, usw. Scheidung” kann vor allem für beruflich stark eingebundene Mandanten sinnvoll sein oder für Mandanten, die weit weg wohnen vom Gerichtsort.

Der Begriff “Online-Scheidung” suggeriert, der Mandant könne einfach ein Webformular auf der Internetseite eines Rechtsanwalts ausfüllen, später komme dann nur noch der Scheidungstermin mit (irgendeinem) Anwalt – und fertig. So leicht geht es in den seltensten Fällen. Und: Entgegen der Versprechungen diverser Anbieter bietet eine “Online-Scheidung” weder einen Zeit- noch einen Kostenvorteil. Eine Ehescheidung (das Verfahren bei Gericht) kostet bei allen deutschen Familiengerichten gleich viel. Die Rechtsanwaltskosten sind ebenfalls deutschlandweit gleich hoch, denn es gilt für alle Rechtsanwälte verbindlich die gesetzliche Regelung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG), von der im Einzelfall durch Vereinbarung nur nach oben hin (!) abgewichen werden darf.

Im Zusammenhang mit der Trennung und Ehescheidung sind oft viele Dinge parallel zu klären und zu regeln. Es zeichnet einen Fachanwalt für Familienrecht aus, dass er sich in allen Themenbereichen gut auskennt und auch die Schnittstellen zu verwandten Bereichen kennt (Steuerrecht, Arbeitsrecht, Sozialrecht, usw.). Vorbereitende Gespräche, erst Recht Beratungen kurz nach der Trennung, benötigen Zeit. Der Mandant muss seinem Rechtsanwalt vertrauen, es müssen auch Fragen und Vorstellungen geäußert werden können, die sich nicht in ein Formular oder eine E-Mail zwängen lassen, sondern nur im persönlichen Gespräch ihren Platz haben.

Ich bin für Sie da. Offline und online.

Die Kontaktaufnahme kann natürlich gerne über mein Kontaktformular erfolgen. Danach sind wir selbstverständlich auch im persönlichen Gespräch, per E-Mail, Telefon, Videotelefonat (MS Teams, Skype, Zoom) für Sie erreichbar.

Für meine Mandanten richte ich grundsätzlich einen Zugang zur Online-Akte ein. Das ist ein verschlüsselter Kommunikationsweg, mit dem meine Mandanten ihre Akten jederzeit und von überall her online einsehen können und mit mir sicher kommunizieren können.

Weitere Informationen:
Rechtsanwalt Dirk Vollmer, Fachanwalt für Familienrecht, Stephanienstraße 8, 76133 Karlsruhe

geschrieben am: 27.07.2015 - 17:51:47 von: ghj87gd in der Kategorie Scheidung
(Geändert 08.10.2020 - 14:34:09) 5696 mal gelesen
Fragen und Antworten: 1 Kommentare


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gesendet von
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20.11.2015 - 08:50:44:
Hallo,meine Tochter ist vor 4 Jahre enfuehrt wodren von Venezuela nach Spanien von vater .letzter Jahr sollte ich sie in Spanien abholen und...

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Zum Thema Scheidung, Unterhalt und Sorgerecht

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