Umschulung und Unterhalt
Eine von der ARGE bewilligte Umschulung kann, aber muss nicht, dazu führen, dass der Unterhaltsverpflichtete für die Dauer der Umschulung von der ihm obliegenden Stellensuche absehen darf. Das haben mehrere Gerichte entschieden.
Als Grundsatz gilt, dass der Unterhaltsverpflichtete nicht schon durch die Tatsache, dass er sich einer Umschulungsmaßnahme unterzieht, von jeder Bemühung, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, befreit ist. Vielmehr gilt sogar, das die Umschulung den Unterhaltsschuldner dann nicht von der Nebenerwerbsobliegenheit befreit, wenn es um den Mindestunterhalt des minderjährigen Kindes geht.
Die Umschulung muss im Hinblick auf seinen beruflichen Lebenslauf sinnvoll sein. Ihm müssen durch die Umschulungsmaßnahme bessere Beschäftigungsmöglichkeiten erwachsen. Eine Umschulung vom IT-Fachmann zum Schuster macht wenig Sinn. In Betracht kommt aber eine Zusatzqualifikation zum bestehenden Beruf. Das verbessert die Vermittlungsfähigkeit.
Die Entscheidung zur Umschulung des Unterhaltsverpflichteten darf nicht zu Lasten des Unterhaltsberechtigten gehen. Die Gerichte muten dem Unterhaltsschuldner zu, seine beruflichen Wünschen so lange zurückzustellen, bis der Unterhaltsgläubiger volljährig ist. In dem vom OLG Jena entschiedenen Fall war der Unterhaltsschuldner nach Verlassen der Bundeswehr 20 Monate als Ungelernter tätig. Der erzielte Betrag reichte sowohl für den Eigenbedarf als auch für den Unterhalt des Kindes aus. Dann darf sich der Unterhaltsschuldner nicht darauf berufen, gerade jetzt eine höhere berufliche Qualifikation anzustreben.
Mein Kommentar: Diese Entscheidung halte ich für falsch. Ein 20 Jähriger darf nicht nur aus Unterhaltsgründen auf unterstem Niveau festgehalten werden. Seine Chancen am Arbeitsmarkt schwinden so rapide. Schon heute gibt es kaum Jobs für Ungelernte.
Der neue Beruf muss auch tatsächlich und ernsthaft angestrebt und die Umschulung mit dem dazugehörigen Fleiß und ohne Verzögerung betrieben werden.
Für die Zeit der Umschulung kann auch ein geringerer Selbstbehalt des Unterhaltsverpflichteten in Betracht kommen, da sie nur als Vorstadium für eine veränderte berufliche Tätigkeit anzusehen ist. Dies allein rechtfertigt es jedoch nicht, den vollen Selbstbehalt für Erwerbstätige in Ansatz zu bringen.
Umschulung und Selbstbehalt
Die Frage stellt sich, welchen Selbstbehalt der Umschüler zum Beispiel gegenüber den Kindesunterhalt hat. Einige Gerichte sind davon ausgegangen, dass es nur der Selbstbehalt des nicht erwerbstätigen von 770,00 € ist. Andere Gerichte überlegen, wenn der zeitliche Aufwand und die Anforderungen an den Umschüler vergleichbar mit denen sind, die ein normaler erwerbstätiger zu leisten hat, auf den Umschüler den üblichen Selbstbehalt von 900,00 € zuzubilligen. Das OLG Dresden schreibt:
"Allenfalls ließe sich umgekehrt die Frage stellen, ob einem Umschüler tatsächlich nur der Selbstbehalt eines nicht Erwerbstätigen zugute kommen soll (so allerdings das in anderer Besetzung ergangene Urteil des 20. Zivilsenats des OLG Dresden vom 20. 1. 1999, FamRZ 1999, 1015; ebenso OLG Dresden - 10. Zivilsenat - FPR 2003, 481; dagegen mit Recht OLG Dresden - 22. Zivilsenat -, Beschlüsse vom 9. 2. 2001, 22 UF 590/00 und vom 23. 7. 2004, 22 UF 117/04). Denn die mit einer beruflichen Betätigung typischerweise verbundenen besonderen Aufwendungen, die auch nicht in jedem Fall als berufsbedingter Mehraufwand i.S.v. Ziff. 10.2 der Unterhaltsleitlinien quantifizierbar sein werden, treffen einen Umschüler häufig in gleicher Weise wie einen Beschäftigen in einem regulären Erwerbsverhältnis; das gilt jedenfalls dann, wenn die Umschulung, wie hier, nach den mit ihr verbundenen Unterrichts- und Ausbildungszeiten den Unterhaltspflichtigen in wenigstens gleichem Maße zeitlich in Anspruch nimmt, wie wenn er vollschichtig in Arbeit stände. Auch die mit dem höheren Selbstbehalt des Erwerbstätigen verbundene Anreizfunktion lässt sich aus Sicht des Senats bei einem Umschüler nicht von vornherein ausschließen; denn die Erwägung, denjenigen Unterhaltsverpflichteten (auch finanziell) besonders zu motivieren, der sich mit Erfolg um die Erzielung von Erwerbseinkommen bemüht, trifft auf den Umschüler sogar in besonderem Maße zu, weil es hier nicht nur um den Erhalt des während der Umschulung selbst erzielten Einkommens geht, sondern darüber hinaus um die mittel- und langfristige Verbesserung der Arbeitsmarktchancen des Umschülers, die wiederum gerade auch dem Unterhaltsberechtigten zugute käme (im Ergebnis ebenso OLG Hamm, FamRZ 1999, 1015, 1016; OLG Koblenz, FamRZ 2002, 1215, 1216; Scholz in Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl. 2004, § 2 Rdn. 266; Schumacher in: Luthin, Handbuch des Unterhaltsrechts, 10. Aufl. 2004, Rdn. 3197; Palandt/Diederichsen, 65. Aufl. 2005, § 1603 BGB Rdn. 32)".
(Geändert 23.01.2009 - 15:40:14) 9478 mal gelesen
Meine Schwiegermutter wurde vor ca. 8 Jahren geschieden. Nun will der Exmann den Unterhalt kürzen bzw. streichen. Da sie keine Ausbildung a...
24.01.2009 - 09:12:44:
[quote=Ralf Wendorff]Diese Umschulung geht über 2 Jahre, mit IHK Abschlußprüfung. Pro tag 8 Stunden Schule, wo ich nach Dortmund für fah...
23.01.2009 - 16:13:52:
Diese Umschulung geht über 2 Jahre, mit IHK Abschlußprüfung. Pro tag 88 Stunden Schule, wo ich nach Dortmund für fahre (78km)
Autor:
Thomas von der Wehl
Fachanwalt für Familienrecht - Hamburg + Kiel
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