Verfassungswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts 0/5

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 07.11.2006 -1 BvL 10/02- das Erbschaftsteuerrecht in seiner derzeitigen Ausgestaltung für verfassungswidrig erklärt.

Die durch § 19 I Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs ist mit dem Grundgesetz unvereinbar, weil sie an Steuerwerte anknüpft, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen (Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- u. forstwirtschaftlichen Betrieben) den Anforderungen des Gleichheitssatzes aus Art. 3 I GG nicht genügt.

Die Bewertung des anfallenden Vermögens bei der Ermittlung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage muss wegen der dem geltenden Erbschaftsteuerrecht zugrunde liegenden Belastungsentscheidung des Gesetzgebers, den durch Erbfall oder Schenkung anfallenden Vermögenszuwachs zu besteuern, einheitlich am gemeinen Wert -also i. d. R. dem Verkehrswert- als dem maßgeblichen Bewertungsziel ausgerichtet sein. Die Bewertungsmethoden müssen gewährleisten, dass alle Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen Wert erfasst werden.

Bei den weiteren, sich an die Bewertung anschließenden Schritten zur Bestimmung der Steuerbelastung darf der Gesetzgeber auf den so ermittelten Wert der Bereicherung aufbauen und Lenkungszwecke, etwa in Form zielgenauer und normenklarer steuerlicher Verschonungsregelungen, ausgestalten.

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis spätestens 31.12.2008 das Erbschaftsteuerrecht nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts neu zu regeln.

Da die Bewertung von Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften sowie land- u. forstwirtschaftlichen Betrieben nach dem derzeit geltenden Erbschaftsteuerrecht zumeist deutlich hinter dem sog. gemeinen Wert zurückbleibt, wird der Gesetzgeber aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht umhin können, die Bewertung der vorgenannten Vermögensgruppen nach dem gemeinen Wert auszurichten, was in einer Vielzahl der Fälle zu einer erheblichen Mehrbelastung des Steuerpflichtigen führen wird. Eine Abmilderung dieser Mehrbelastung des Steuerpflichtigen könnte der Gesetzgeber durch Schaffung höherer Freibeträge vornehmen. Wie das neue, mit dem Grundgesetz zu vereinbarende Erbschaftsteuerrecht letztlich aussehen wird, kann jedoch naturgemäß nicht vorhergesagt werden.

Jedoch bleibt festzuhalten, dass bis zur Neuregelung des Erbschaftsteuerrechts (spätestens bis 31.12.2008) das derzeitige Erbschaftsteuerrecht weiter anwendbar bleibt. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 07.11.2006 ausdrücklich festgelegt.

Beabsichtigte oder bereits geplante Übertragungen von Grundvermögen, Betriebsvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften sowie land- u. forstwirtschaftlichen Betrieben sollten daher ggf. kurzfristig vorgenommen werden, um einer höheren Steuerlast, mit der durch die Neuschaffung eines mit dem Grundgesetz zu vereinbarenden Erbschaftsteuerrechts gerechnet werden muss, zu verhindern.

geschrieben am: 16.04.2007 - 12:45:21 von: JanPahl in der Kategorie Erbrecht
(Geändert 16.04.2007 - 17:36:55) 1913 mal gelesen
Fragen und Antworten: 3 Kommentare


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29.07.2009 - 23:57:26:
Wird das Betriebsvermögen bei einer Gütertrennung herausgerechnet, wenn nur einer der Ehegatten ein Gewerbe innehatte?
02.04.2008 - 19:18:05:
Wenn der Ehemann stirbt, nachdem die Scheidung rechtskräftig geworden ist, hat die geschiedene Ehefrau kein gesetzliches Erbrecht und auch...
05.09.2007 - 20:38:16:
Hat die geschiedene Ehefrau ein Anrecht auf einen Anteil des Erbes nach dem Tod des geschiedenen Ehemannes, obwohl nur die Kinder als Erben ...

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