VORSICHT, neue Düsseldorfer Tabelle muss nicht zwangsläufig zur Erhöhung von Kindesunterhalt führen! 5/5

Zum 1. Januar 2010 ist eine neue Düsseldorfer Tabelle zur Berechnung des Kindesunterhalts in Kraft getreten, bei der die Tabellenwerte gegenüber der bis Ende 2009 gültigen Düsseldorfer Tabelle zum Teil kräftig angestiegen sind.

Aber Achtung: Dies bedeutet nicht ohne Weiteres, dass für Kinder höhere Zahlbeträge gefordert werden können.
Bisher war die Düsseldorfer Tabelle auf den Regelfall von drei Unterhaltsberechtigten angelegt. Hatte man nur eine einzige Unterhaltspflicht, zum Beispiel nur gegenüber einem nichtehelichen oder ehelichen Kind, war bei den Einkommensgruppen zwei Gruppen höher zu stufen als das bereinigte Nettoeinkommen an sich ergab. Waren es zwei Unterhaltsberechtigte, zum Beispiel zwei Kinder, musste immerhin noch eine Stufe hochgestuft werden. Anders herum: wenn zum Beispiel der unterhaltspflichtige Vater in einer neuen Verbindung wiederum zwei Kinder zu unterhalten hat, zusammen mit den beiden „Scheidungskindern“, also vier Personen gegenüber unterhaltspflichtig ist, konnte er bislang nur eine Einkommensgruppe abstufen, in Zukunft zwei.

Ferner ist das Kindergeld erhöht worden, das seit längerer Zeit wieder hälftig vom Tabellenbetrag abzuziehen ist. Für das erste und zweite Kind gibt es je 184,00 € (statt bisher 164,00 €), so dass von den Tabellenbeträgen nicht 82,00 €, sondern 92,00 € abzuziehen sind. Ab dem 3. Kind erhöht sich das Kindergeld entsprechend auf jetzt 190,00 €, ab dem 4. Kind sogar auf monatlich 215,00 €.

Nachstehend ein Beispiel, bei dem die neue Düsseldorfer Tabelle kein Recht zur Abänderung nach oben gibt:

Unser Mandant ist seit 2003 geschieden und seit 2007 neu verheiratet. Aus erster Ehe gibt es zwei Töchter, 10 und 14 Jahre alt, die bei der Mutter leben. Aus der neuen Verbindung hat er ein weiteres, drittes Kind von knapp drei Jahren.

Sein bereinigtes Nettoeinkommen liegt bei 3.300,00 €. Damit fällt er nach alter, wie nach neuer Tabelle in die Gruppe 6 (bis 3.500,00 € netto). Die Ehefrau kann wegen des kleinen Kindes nicht oder nur ganz geringfügig arbeiten und ist ebenfalls noch unterhaltsberechtigt. Damit hat er vier Unterhaltspflichten und es ist nach alter Tabelle von Gruppe 6 in Gruppe 5 abzustufen gewesen. Dies ergab folgende Zahlbeträge:
Für die 10 Jahre alte Tochter 387,00 € ./. 82,00 € hälftiges Kindergeld = 305,00 €
Für die 14 Jahre alte Tochter 453,00 € ./. 82,00 € hälftiges Kindergelde = 371,00 €
Zahlungssumme: 676,00 €
Nach Einkommensgruppe 5 sind die Tabellenbeträge kräftig gestiegen von 387,00 € auf 437,00 €, in der zweiten Altersstufe (6-11 Jahre) und von 453,00 € auf 512,00 € für die dritte Altersstufe (12-17 Jahre).
Diese Gruppe ist jedoch nicht mehr einschlägig, sondern jetzt muss zwei Gruppen abgestuft werden in Gruppe 4. Hier lauten die neuen Zahlbeträge:
Für die 10 Jahre alte Tochter 419,00 € ./. 92,00 € hälftiges Kindergeld = 327,00 €
Für die 14 Jahre alte Tochter 490,00 € ./. 92,00 € hälftiges Kindergelde = 398,00 €
Zahlungssumme: 725,00 €
Dies würde eine Steigerung von insgesamt 49,00 € bedeuten. Es gilt jedoch grundsätzlich, dass eine Abänderung von dem Berechtigten nur verlangt werden kann, wenn der neue Zahlbetrag um mehr als 10% höher liegt als der alte Zahlbetrag.
305,00 € + 10% = 335,50 €, die 327,00 € als neuer Betrag liegen darunter.
371,00 € + 10% = 408,10 €, auch das liegt oberhalb der 398,00 €.
Deshalb kann eine Abänderung von der geschiedenen Kindesmutter an sich nicht verlangt werden.
Allerdings hieß es auf einer Fortbildungsveranstaltung des Kasseler Anwaltsvereins, auf der eine Richterin des Kasseler Familiensenats des Oberlandesgerichts Frankfurt referierte, es sei diskussionswürdig, ob man bei solchen Anpassungen von Kindesunterhalt nicht doch auch unterhalb der Schwelle von 10% eine Anpassung verlangen könne.

Es ist deshalb, wie trotz aller Tabellen leider üblich, immer noch eine Restunsicherheit auch im Thema Kindesunterhalt.

Unterschiedlich entscheiden die Gerichte zum Beispiel auch dann, wenn die Kinder (mit der Mutter) im eigenen Haus leben, das im Alleineigentum des Mannes steht, der – zumindest vorübergehend – ausgezogen ist. Da in den Bedarfssätzen der Düsseldorfer Tabelle auch der Wohnbedarf enthalten ist im Sinne einer Kaltmiete, eine solche hier aber nicht zu zahlen wäre, erscheint es angebracht, die Tabellenbeträge um mindestens 20% zu reduzieren. So handhabt es nach Erfahrung des Verfassers im Regelfall der Kasseler Familiensenat.

Marburg, im Februar 2010

Hermann Zimmermann

geschrieben am: 08.03.2010 - 17:22:56 von: Hermann Zimmermann in der Kategorie Kindesunterhalt
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Fragen und Antworten: 1 Kommentare


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01.07.2010 - 20:29:30:
danke für die antwort im voraus.

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