Cochemer Modell

Was ist das eigentlich? Auf der Website werden die Ziele wie folgt beschrieben:

Das Cochemer Modell will Institutionen und Personen, die bei Trennung und Scheidung von Eltern beteiligt sind, miteinander ins Gespräch zu bringen, um Vorgehensweisen und spezielle Hilfeangebote untereinander bekannt zu machen. Formen der Kooperation entwickeln und praktizieren.

Das „Cochemer Modell“ ist in aller Munde. Es will durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten streitige Fälle und Entscheidungen vermeiden. Man kann fast meinen, dass bei Fachleuten beinahe eine euphori­sche Grundstimmung entsteht, aus der heraus es geradezu zwingend folgt, dass bei Anwendung des Cochemer Modells alle strit­tigen Trennungs- und Scheidungsfälle einer friedvollen Lösung zugeführt werden könnten.

Stimmt das wirklich und funktioniert das?

Zunächst verdient die gerichtliche Arbeit auf den ersten Blick uneingeschränkte Zustimmung. Das AG Cochem belegt, dass in Sorge- und Umgangsrechtsangelegenheiten in Cochem innerhalb von 14 Tagen terminiert wird. Ein Vertreter des Jugendamtes wird zu dem Termin geladen. In der Verhandlung wird versucht, eine Kommunikationsebene der Eltern zu finden. Gelingt dies nicht, wird das Verfahren unterbrochen und der Vertreter des Jugendamtes begleitet die Eltern zur Beratungsstelle, die über ihr weiteres Vorgehen autonom entscheidet.

Dies ist aber juristisch nichts Neues und entspricht der in § 52 FGG vorgesehenen eigentlich üblichen Verfahrensweise. Dieses Verfahren werde in Cochem so erfolg­reich praktiziert, dass es über vier Jahre keine einzige streitige Entscheidung zum Sorgerecht und zum Um­gangsrecht gegeben hat.

Ernstzunehmende Stimmen aus Richterkreisen sagen allerdings, dass dieses Modell ohnehin nur in Kleinstädten funktionieren kann. Grundvoraussetzung für das Funktionieren des Mo­dells ist, dass alle professionellen Verfahrensbeteiligten zu­mindest einen sehr vertrauten oder doch vertrauensvollen Umgang miteinander pflegen. So ist in einer Großstadt schon logistisch kein klein­städtisches Familiengerichtsszenario mit dem freundlichen Familienrichter, den jeder kennt, den Anwälten, die alle miteinander Golf spielen und den kurzen Wege orga­nisierbar. Die Jugendämter sind groß mit wechselnden Vertretungen und der Konkurrenzkampf der Anwälte läßt jeden auf den Sieg hoffen. Die schwierige Koordination der Verfahrensbeteiligten, unter den Rahmenbedingungen der gegebenen Auslastung sowohl des Jugendamtes, wie auch des Familiengerichtes und der Bera­tungsstellen führt schon jetzt häufig dazu, dass selbst einst­weilige Anordnungsverfahren zur Regelung der elterlichen Sorge oder des Umgangs mehrere Monate in Anspruch nehmen.

Der Versuch der Ãœbertragbarkeit des „Cochemer Modells“ auf ein größeres Gemeinwesen, wie zum Beispiel Großstädte wie Hamburg, Berlin oder München, hätte zur Voraussetzung, dass sowohl auf Seiten der Beratungsstellen, als auch des Jugendamtes und auf Seiten des Familiengerichts eine massive personelle und finanzielle Besserstellung erfolgt.

Für einfach gelagerte Fälle von einigungswilligen Eltern mag das Cochemer Modell funktionieren. In vielen Fällen besteht bei den Eltern aber keine Bereitschaft zur Kooperation.

Ein weiteres Argument: Ein Anwalt ist unabhängiges Organ der Rechtspflege. Auch im familiengerichtlichen Verfahren ist er in erster Linie Interessensvertreter der eigenen Partei. Natürlich wird der erfahrene Anwalt in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren in der Regel auch die eigene Partei in Richtung auf eine einvernehmliche Lösung hin beraten, aber es bleibt allerdings das gute Recht jedes Eltern­teils, sich gegen eine Konsenslösung zu entscheiden und der Anwalt muss dies akzeptieren..

2 Reaktionen zu “Cochemer Modell”

  1. Manfred Lengowski

    Lieber, liebe Autoren,

    ich bin immer wieder überrascht, wie sich Fachleute über eine Arbeitsweise auslassen, die sie selbst nicht wirklich kennen.
    Das Cochemer-Modell basiert auf einer Denkweise, die eine gewisse Offenheit verlangt.
    Bitte verzeihen Sie mir den etwas rauhen Ton.
    Freundlichen Gruß
    Manfred Lengowski, Mitglied im Arbeitskreis-Trennung-Scheidung im Landkreis Cochem-Zell.

  2. Sebastian

    Den Kommentar vor mir verstehe ich nicht.
    Was soll die Aussage dahinter sein?

    Denkweise die eine gewisse Offenheit verlangt?

    Das kann auf nahezu alle geistigen Tätigkeiten übertragen werden? (Siehe: Das Glas ist halbvoll oder halbleer)

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