Scheidung Light – Notarscheidung (Quelle: DJB)

Die Kolleginnen des Deutschen Juristinnenbund habe nach meiner Auffassung sehr überzeugende Argumente gegen die Scheidung beim Notar, die sog. Scheidung-Light zusammengetragen

Zitat:

Pressemitteilung 4/2006
„Scheidung light“ wird zum Bumerang!
Pressemitteilung vom 13.03.2006

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) lehnt die Pläne der Justizministerin zum vereinfachten Scheidungsverfahren ab. „Scheidungen sind in aller Regel nicht einfach – weder emotional, noch hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgen für die Beteiligten“, so die Juristinnen.

Die jetzt präsentierte „abgespeckte“ Version der Justizministerin solle zwar nur noch kinderlosen Paaren die „Scheidung light“ ermöglichen, doch sei sie weder für die scheidungswilligen sinnvoll noch für den Staatshaushalt, der entlastet werden soll. Nach den Plänen der Ministerin sollen demnächst kinderlose Ehen ohne anwaltliche Beteiligung geschieden werden können, wenn zuvor ein Notarvertrag über den Unterhalt und eine Einigung über Hausrat und Ehewohnung getroffen worden ist.

„Die von der Ministerin angegebene Quote von derzeit 71 Prozent einvernehmlichen Scheidungen erklärt sich daraus, dass die Scheidung selbst einvernehmlich ist, nachdem die in der Regel – vorher – hochstreitigen Scheidungsfolgen durch Anwältinnen und Anwälte in einem Vertrag geregelt werden. Die Fälle, in denen die Beteiligten mit einer fertigen Vertragsidee in die Anwaltspraxis kommen, sind heute schon verschwindend gering“ erklärte Dr. Angelika Nake, Vorsitzende der Kommission „Zivil-, Familien- und Erbrecht, Recht anderer Lebensgemeinschaften“.

„Der Justiz werden mit der geplanten Regelung gerade die kostendeckenden Verfahren entzogen – das sind die Scheidungen, die den Richtern am wenigsten Aufwand bereiten und bei denen die Parteien in der Regel keine Prozesskostenhilfe bekommen, sondern die Gerichtskosten selbst zahlen müssen. Die Verfahren mit großem personellen Aufwand für den Justizapparat, in denen z.B. um Kindes- und Ehegattenunterhalt gestritten wird, bleiben bei den Gerichten ebenso wie die Prozesskostenhilfesachen“.

Notarielle Eheverträge haben – wie Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs zeigen – in der Vergangenheit die wirtschaftlich unterlegene Partei oft übervorteilt. Allein die Überprüfung durch Anwältinnen und Anwälte verhindere, dass es zu übereilten und unsachgemäßen Regelungen komme. Denn nur Anwältinnen und Anwälte hätten die interessengerechte Vertretung ihrer Parteien im Auge. Notare seien überdies in der Regel keine Fachanwälte für Familienrecht und verfügten meistens nicht über spezielle Kenntnisse im Bereich des Familienrechts. Die aktuellen Gebührensätze der Notare erlaubten in der Regel auch nicht die eingehende Beratung der Parteien.

Die von der Ministerin geplante „Dreiteilung“ der Scheidungsfolgen – Unterhalt wird notariell vereinbart, Hausrat und Ehewohnung können privatschriftlich, d.h. quasi „am Küchentisch“, geregelt werden und lediglich die eigentliche Scheidung sowie der Versorgungsausgleich werden dann vom Familiengericht verhandelt und entschieden – führten, so die Juristinnen, zu „Flick- und Stückwerk“. Laien überblickten oftmals schon die Abgrenzung der verschiedenen Scheidungsfolgen nicht. Daher fordert der djb Regelungen aus einem Guss.

Es sei letztlich auch ein Trugschluss, dass die „Scheidung light“ Folgestreitigkeiten vermeide, warnen die Rechtsexpertinnen. Unausgewogene Regelungen werden in Anfechtungs- und Abänderungsverfahren der Justiz mehr personellen und finanziellen Aufwand bereiten als ein von vorne herein durch Anwältinnen und Anwälte sachgerecht ausgehandelter Vertrag. Und wenn nicht hier, dann sei spätestens bei den Sozialämtern ein Anwachsen der Verfahren zu befürchten, in denen die unterlegene Parteien – in der Regel die Frauen – den ihnen fehlenden Unterhalt beantragen müssen.

Sollte es zu Einkommenseinbußen der Anwaltschaft durch die geplante Reform kommen, sind es wiederum überproportional Frauen, die benachteiligt werden. Vor allem Anwältinnen haben durch zeit- und kostenintensive Fachanwaltsausbildungen im Familienrecht zusätzliche Qualifikationen erworben. So waren 2005 von 7.554 Anwaltsnotaren nur 716 weiblich. Von 5.943 Fachanwälten für Familienrecht waren jedoch 3.137 weiblich.

Fazit: die geplante Reform bringt nach Auffassung des djb keinen Fortschritt in der Sache. Stattdessen ist zu befürchten, dass die einkommensschwächere Partei – in der Regel die Frau – durch unzulängliche Beratung ins finanzielle Abseits gestellt oder in belastende Dauerkonflikte gestürzt wird. Letztere bedeuten auch für die Behörden Mehrarbeit statt Entlastung.

3 Reaktionen zu “Scheidung Light – Notarscheidung (Quelle: DJB)”

  1. Widerstand gegen Scheidung-Light (Quelle: Handelsblatt) » Scheiden tut weh

    […] http://www.ehescheidung24.de/blog/2007/01/24/scheidung-light-notarscheidung-quelle-djb/ […]

  2. Kreft

    Lobby-Interessen sind unverkennbar:

    Warum sollte ein Paar, das ohne Anwalt
    ein Ehepaar wurde…
    zum Trennen unbedingt Thaler in die aufgehaltene Hand von Rechtsanwäten zahlen, wo Trennung eh schon ätzend ist?

    Jede kostensparende Vereinfachung kann nur
    begrüßt werden! Wenn´s unstrittige Trennungen
    gibt…wieso nicht übern Notar?
    Weil Rechtsanwälte ihre Pfründe in Gefahr sehen?

    Wann kommt sie endlich, die kostensparende
    Variante?

    M.K.

  3. RAvonderwehl

    Lieber Kommentator,

    natürlich wollen Anwälte auch weiterleben. Wie sollen sie sonst die Leasingraten für den Porsche Turbo bezahlen?

    Was glauben Sie denn zu sparen? Ist jemals darüber gesprochen worden, was ein Notar dafür bekommen soll? Meines Wissens nicht. Wer wird denn eigentlich sparen?

    Die ganze Intention, die dahinter steckt, ist doch allein den Staat zu entlasten, aber nicht die Bürger. Wenn es für die Notarscheidungen z.B. keine PKH gibt, spart der Staat echtes Geld. Aber die Bürger? Schon heute werden zw. 60 – 70% aller Scheidungen vom Staat über PKH finanziert. Wer sollte sich also beklagen und nach Einsparungen rufen? Der Staat oder die Bürger?

    Zudem, wenn eine Trennung „ätzend“ ist, ist sie auch streitig. Unstreitig ist sie allenfalls aus Sicht des Ãœberlegenen bzw. unstreitig sollte sie sein aus Sicht desjenigen, der etwas zu befürchten hat – sprich – etwas zahlen soll/sollte/müßte. Für den macht es Sinn den Unterlegenen zum Notar zu zerren und einen hübschen Vertrag abzuschließen, der ihm den Rücken freihält.

    Man kann kein Haus kaufen, ohne eine Menge Geld für den Notar und das Gericht auszugeben und man kann sich nicht scheiden lassen, ohne das ein Anwalt die Sache betreut und beides hat seinen Sinn. Ich komme nicht mit dem Argument der Waffengleichheit, aber wer etwas gewinnen kann, sollte freudig und gern den Anwalt beauftragen und hoffen, dass der andere es ihm nicht gleichtut. Der eine Anwalt ist parteiisch für seinen Mandanten – muß es sein. Der Notar ist es nicht – darf es nicht. Was wäre denn, wenn beide zum Notar gehen, der die Situation prüft und durch Hinweise auf den Zugewinn z.B. die Frau auf mögliche Zugewinnansprüche von einiger Höhe hinweist. Da wird sich der Mann sagen, hätte ich doch nur selbst den Anwalt beauftragt und bezahlt………. Alles hat mindestens 2 Seiten.

    In diesem Sinne

    Thomas von der Wehl
    Fachanwalt für Familienrecht

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