Zumutbare Erwerbstätigkeit – was hat sich geändert

Immer wieder stellt sich die Frage, was nach einer Scheidung eine zumutbare Erwerbstätigkeit desjenigen ist, der Unterhalt verlangt. Bislang hieß es in § 1574 BGB

 

„… braucht nur eine ihm angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben“

 

In der ab 01.01.2008 gültigen Fassung des § 1574 BGB heißt es nunmehr:

 

„Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben“.

 

Auch hier wird so der Grundsatz der Eigenverantwortung betont. Was der geschiedene Ehegatte bisher nur brauchte, wird jetzt von ihm verlangt. Was konkret angemessen ist, ergibt sich aus dem Kriteriumskatalog des § 1574 Abs.2 BGB und ist im Gegensatz zu der alten Norm um das Kriterium

            „Welche Erwerbstätigkeit früher ausgeübt worden ist“

ergänzt. Damit gilt, dass der früher ausgeübte Beruf in jedem Fall eine angemessene Erwerbstätigkeit ist. Auch wenn dieser Beruf nunmehr unter der Qualifikation lag.

 

Insofern hat sich die Situation für die Frauen verschlechtert, die Unterhalt begehren. Nach der neuen Rechtslage wird es eine Garantie dafür, dass es beim ehelichen Lebensstandard zukünftig bleiben wird, grundsätzlich nicht mehr geben. Eben diese Garantie wurde nach dem bisherigen Recht häufig angenommen. Insbesondere durch die zeitliche Befristung (§ 1578b BGB) wird der Unterhaltsgläubiger (häufig eben die Frau) in vielen Fällen eine Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse hinnehmen müssen.

12 Reaktionen zu “Zumutbare Erwerbstätigkeit – was hat sich geändert”

  1. Nicole

    Guten Tag,

    mein Freund wird nun nach fast 20 – jähriger Ehe geschieden. Aus dieser Ehe sind zweri Kinder ( 15 und 18 Jahre ) zu berücksichtigen. Mein Freund läßt sich beim Gerichtstermin nicht anwaltlich vertreten. Seine Frau hat eine Anwältin. Wie lange muß mein Freund nach der Scheidung noch Unterhalt für die Ex – Frau zahlen?

  2. RA Thomas von der Wehl

    @ nicole

    das kann ich so nicht sagen. Es gibt keine Zeiträume, die sich z.B. nur an der Ehezeit orientieren. Ich kann nur dringend anwaltliche Beratung empfehlen.

  3. desperate

    Eine Frage zum Thema „zumutbare Erwerbstätigkeit“: mein Nochmann ist Altersrentner, war selbstständig und bekommt Minimalrente. Ich weiß, dass er seinen Betrieb noch unter der Hand führt, soll aber nach der 3/7-Regelung trotz meines Teilzeitjobs für ihn Getrenntlebenunterhalt
    zahlen. Kann man in diesem Fall nur die Schultern zucken?
    Danke für einen Rat! (oder mehrere …)

    Desperate

  4. RA Thomas von der Wehl

    @ desperate

    versuchen Sie ihm nicht angegeben Einkünfte nachtzuweisen (Detektiv?). Wenn es gelingt, hat er den Unterhaltsanspruch verwirkt. Da reichen wohl schon 1.000 EUR.

    Lassen Sie ihn – falls noch nicht geschehen – zur Auskunftserteilung auffordern. Was er da schreibt, muss richtig sein.

  5. kalle

    Hallo,
    ich wurde im november 2007 nach 13 jahren geschieden.aus der ehe wuchs unsere tochter 11 jahre heran. meine einkünfte belaufen sich auf 3200 €. während unserer (und darüber hinaus) ehe arbeitete frau halbtags und verdiente ca. 700 €. entsprechend realsplittings zahle ich heute einen nachehelichen unterhalt von 700,- € zuzüglich kinderunterhalt. meine exfrau arbeitet seit kurzer zeit in einer vollzeitstellung.
    meine frage: bin ich jetzt weiter verpflichtet, den nachehelichen unterhalt zu zahlen; ist eine abänderungklage anzustreben, insbesondere wenn ich mich mit der überlegung trage, eine neue ehe einzugehen mit einer frau, die heute über kein eigenes monatliches einkommen verfügt.

    für eine antwort vielen dank im voraus!

  6. RA Thomas von der Wehl

    @ kalle

    die Erfolgsaussichten einer Abänderungsklage kann ich anhand der Fakten nicht beurteilen. Wenn Ihre Frau aber deutlich mehr verdient, würde sich schon rechnerisch der Unterhalt verringern. Dazu käme § 1578 b BGB und eine wahrscheinliche Befristung.

    Wenn Ihre Frau vollschichtig arbeitet und so keine ehebedingten Nachteile hat, wäre zwangsläufig zu befristen.

  7. dina

    Was ist wenn eine geschiedene Frau ein 4,1/2 jähriges Mädchen hat, und demnach ja wieder arbeiten müsste, es aber nicht tut weil sie sagt sie findet keinen Job? Und was anderes, wie hoch ist der Selbstbehalt 2008? Von 890Euro auf 1100Euro geändert?

  8. RA Thomas von der Wehl

    @ dina

    die Aussage, nichts zu finden, wird kritisch zu prüfen sein. Meist reichen die nachgewiesenen Bemühungen nicht aus. Dann wird die Frau mit einem fiktiven Einkommen versehen.

    Zum Selbstbehalt suchen Sie hier im Blog oben mit der Suchfunktion.

  9. Sylvia

    Meine Tochter, 18 Jahre, lebt bei mir und geht noch in die Schule (12. Klasse).
    Ich arbeite 25 Stunde die Woche (Teilzeitstelle), bin verheiratet, habe 3 Kinder (18, 15, 6).

    Der leibliche Vater meiner großen Tochter, auch des 14 Jährigen, ist auch verheiratet aber ohne „neue Kinder“, seine Frau ist berufstätig.
    Das Berechnungschema für das Unterhalt ist klar aber er ist der festern Meinung, dass für die Berechnung des Unterhalts für mich ein fiktives Einkommen basiert auf einer Vollzeitstelle angenommen werden muss. Für das Kleinkind ist er nicht zuständig, eine Vollzeitbeschäftigung ist mir seiner Meinung nach zumutbar.
    Ich kann verstehen, dass so ein Gesetz entworfen ist, damit die unterhaltspflichtige Elternteile sich nicht durch Arbeitskürzungen von den Pflichten runterdrücken können, aber kann man es in meinem Fall so übernehmen ?

    Auch für die Große bin ich Nachmittags zu Hause, um Sie bei Ihre Aufgaben zu unterstützen (12. Klasse Gymnasium) – so hatten wir nie und brauchen wir jetzt keine Nachhilfestunde.
    Ganztag zu arbeiten mit 3 Schulpflichtigen Kindern, plus Haushalt, plus Familienorganization – hobbies der Kinder und co – soll zumutbar sein, damit der unterhaltspflichtigen Vater seinen Anteil deutlich runterdrücken kann?.

  10. RA Thomas von der Wehl

    @ sylvia

    eine Großteil der Argumente des Für und Wieder haben Sie selbst bereits aufgezählt. Beide Seiten haben gute Argumente, wobei ich kein Überwiegen feststellen kann.

    Im Streitfalle wird das zuständige Gericht entscheiden müssen. Wenn z.B. Ihr Mann gut verdient, könnte argumentiert werden, dass dieser Ihren Selbstbehalt „übernimmt“ und Sie alles, was Sie selbst verdienen, für die Unterhaltsberechnung der Volljährigen einsetzen müßten.

    Versuchen Sie sich sinnvoll zu einigen. Einen Prozeß haben Sie noch nicht gewonnen.

  11. Anja

    Sehr geehrter Herr RA von der Wehl,

    mein Mann zahlt an seinen Sohn aus erster Ehe monatlich 180€ Unterhalt bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 1100€.Wobei zu bemerken ist das davon ca.200€ Spesen sind, da er Berufskraftfahrer ist.Seine EX Frau verlangt aber über 300€ Unterhalt und lässt sich immer neue Dinge einfallen damit die Angelegnheit zu keiner Klärung kommt.Meine Frage , wir haben erst vor 14 Tagen geheiratet, sodass dies bei der Berechnung erst noch mit einbezogen werden muss, bisher bekomme ich ALG II, denke aber das ich, durch die anstehende Lohnerhöhung meines Mannes keinen Anspruch mehr darauf haben werde.Laut Eherecht ist mein Mann dann ja für mich und meine Kinder die ich mit in die Ehe gebracht habe zum Unterhalt verpflichtet, oder?Wie wäre das dann bei einem ca. geschätztem Einkommen von 1600€ Netto, bei der Unterhaltsberechnung für den Sohn aus erster Ehe, zu berücksichtigen?Unserer Warmmiete beträgt 519€.Schulden von meinem Mann belaufen sich auf ca. 45.000€

  12. RA Thomas von der Wehl

    @ anja

    nur die eigenen Kinder sind im 1. Rang. Erst wenn deren Unterhaltsansprüche nach DDT voll erfüllt sind, kommen die Ehefrauen zur Berücksichtigung.

    Die Schulden werden beim Kindesunterhalt fast nie berücksichtigt. Notfalls wird Privatinsolvenz gefordert.

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