Neues Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen

Bundestag verabschiedet Gesetz zum Schutz von Kindern und JugendlichenDer Bundestag hat heute einen Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern und Jugendlichen beschlossen, der auf einen Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zurückgeht. Künftig sollen so genannte erweiterte Führungszeugnisse dem Arbeitgeber in weit größerem Umfang Auskunft darüber geben, ob Stellenbewerber wegen bestimmter Sexualdelikte an Kindern und Jugendlichen vorbestraft sind.

„Vor allem Kinder und Jugendliche sind schutzlos, wenn Sexualstraftaten von Personen begangen werden, die wegen ihrer beruflichen Stellung das besondere Vertrauen der Opfer genießen. Künftig wird allen Personen, die im kinder- und jugendnahen Bereich beschäftigt werden wollen, ein erweitertes Führungszeugnis erteilt, in dem die Verurteilungen zu Sexualstraftaten auch im untersten Strafbereich aufgenommen sind. Potenzielle Arbeitgeber wissen dann über alle einschlägigen Vorstrafen der Bewerber Bescheid und können verhindern, dass diese im kinder- und jugendnahen Bereich als Erzieher in Kindergärten, aber auch als Schulbusfahrer, Bademeister, Sporttrainer oder Mitarbeiter im Jugendamt beschäftigt werden. Wichtig ist, dass sich die Arbeitgeber von allen, die sich auf solche Stellen bewerben, das erweiterte Führungszeugnis auch tatsächlich vorlegen lassen“, betonte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Das Bundeszentralregistergesetz (BZRG) regelt, dass jeder Person ab 14 Jahren auf Antrag und ohne Angaben von Gründen ein Führungszeugnis erteilt wird. Ob eine Verurteilung in ein Führungszeugnis aufgenommen wird, richtet sich grundsätzlich nach der Höhe des Strafmaßes; das zugrundeliegende Delikt spielt dabei in der Regel keine Rolle. Nach geltendem Recht erscheinen im Führungszeugnis Erstverurteilungen nur bei einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten, um dem verfassungsrechtlich verankerten Resozialisierungsgebot Rechnung zu tragen. Von diesen Grenzen sind derzeit nur bestimmte schwere Sexualstraftaten (§§ 174 bis 180 oder 182 StGB, insb. Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen und Vergewaltigung) ausgenommen, nicht aber alle anderen kinder- und jugendschutzrelevante Sexualdelikte. Lässt sich ein Arbeitgeber bei der Einstellung ein Führungszeugnis vorlegen, erlangt er von diesen Erstverurteilungen bis zu 90 Tagessätzen oder 3 Monaten Freiheitsstrafe keine Kenntnis und kann nicht verhindern, dass der betroffene Bewerber im kinder- und jugendnahen Bereich beschäftigt wird.

Künftig soll durch eine Änderung des BZRG sichergestellt werden, dass im Interesse eines effektiven Kinder- und Jugendschutzes sexualstrafrechtliche Verurteilungen auch im niedrigen Strafbereich in einem so genannten erweiterten Führungszeugnis aufgenommen werden.

Der Gesetzentwurf sieht zielgerichtet die Einführung eines erweiterten Führungszeugnisses für kinder- und jugendnahe Tätigkeiten vor. Personen, die bei ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Beschäftigung mit Kindern und Jugendlichen in der Regel keinen Kontakt aufnehmen können, sind daher von den neuen Regelungen nicht erfasst.

„Eine Arbeit als Fliesenleger, Automechaniker oder Architekt ist nicht in vergleichbarer Weise geeignet, Kontakt zu Kindern oder Jugendlichen aufzunehmen. Eine Regelung, die verlangt, dass generell alle Vorstrafen – gleich für welche Beschäftigung – in ein Führungszeugnis aufgenommen werden, würde über das Ziel hinausschießen. Denn auch die Wiedereingliederung ist verfassungsrechtlich geboten und im Interesse der Gesellschaft. Mit unserem Vorschlag schaffen wir deshalb zielgenau einen vernünftigen und gerechten Ausgleich zwischen dem Resozialisierungsinteresse von Straffälligen und der besonderen Verantwortung, wenn es um den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Sexualstraftaten geht“, erläuterte Zypries.

Im Einzelnen

Betroffener Personenkreis

Das erweiterte Führungszeugnis wird nach dem neuen § 30a BZRG erteilt,

  • wenn dies in einem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Beispiele: Die praktisch bedeutsamste Vorschrift ist § 72a des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe – (SGB VIII). Sie richtet sich an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die für die Wahrnehmung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln dürfen, die rechtskräftig wegen einer bestimmten Straftat verurteilt worden ist (in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung: Straftaten nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184f oder den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB). Ein vergleichbares Beschäftigungsverbot enthält auch § 25 Jugendarbeitsschutzgesetz für Personen, die Lehrlinge ausbilden.
  • demjenigen, der eine Tätigkeit ausüben will, die geeignet ist, Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen, wie die berufliche oder ehrenamtliche Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger. Beispiele: Erzieher in Kindergärten, Kinder- oder Jugendheimen, Pflegepersonen für die Kindertages- und Vollzeitpflege, Lehrer in Privatschulen, Schulbusfahrer, Bademeister in Schwimmbädern, Jugendsporttrainer, Leiter von Kinder- und Jugendfreizeitgruppen.

Inhalt des erweiterten Führungszeugnisses

Bereits nach geltendem Recht werden in ein Führungszeugnis regelmäßig alle Verurteilungen – unabhängig vom Strafmaß – wegen bestimmter schwerer Sexualstraftaten nach den §§ 174 bis 180 und § 182 StGB aufgenommen. Für das erweiterte Führungszeugnis wird dieser Katalog um weitere kinder- und jugendschutzrelevante Verurteilungen wegen Strafta-ten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB erweitert. Künftig wird daher auch beispielsweise eine Verurteilung zu 60 Tagessätzen wegen Verbreitung von Kinderpornographie oder Exhibitionismus im erweiterten Führungszeugnis erscheinen. Bislang erhielt der Arbeitgeber von einer solchen Verurteilung durch ein Führungszeugnis keine Kenntnis.

Frist zur Aufnahme in das Führungszeugnis

Derzeit werden Verurteilungen bei einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr wegen schwerer Sexualstraftaten nach den §§ 174 bis 180 und § 182 StGB mindestens 10 Jahre lang in das Führungszeugnis aufgenommen. Künftig wird diese Frist auch für entsprechende Verurteilungen wegen Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB gelten, die in ein erweitertes Führungszeugnis aufgenommen werden.

Rückwirkung

In das erweiterte Führungszeugnis sind auch alle Eintragungen wegen Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB aufgenommen, die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits im BZR vorhanden sind. Die Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich. Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Einen Kommentar schreiben

Aktuelle Informationen zum Thema Scheidung

Die Seite 1
Zum Thema Scheidung, Unterhalt und Sorgerecht