Die anwaltliche Vertretung von einem Elternteil und Kindern in Unterhaltssachen – widerstreitende Interessen?

Es stellt sich für Anwälte immer wieder der Problemkreis, dass in Unterhaltsverfahren einerseits ein Elternteil und andererseits auch ein oder mehrere Kinder vertreten werden. Dies dürfte unproblematisch sein, solange die Kinder minderjährig sind. Sobald die Kinder aber volljährige werden, haben diese auch gegen den Elternteil einen Barunterhaltsanspruch, bei dem sie leben. Ich möchte hier aus einem Rundschreiben der schleswig-holsteinischen Anwaltskammer dazu wörtlich zitieren:

Zitat Kammerrundschreiben 2/11 der S/H Anwaltskammer
„Noch einmal: Das Problem der widerstreitenden Interessen Der Vorstand hat sich in seiner Sitzung am 09.03.2011 erneut mit der Frage der Vertretung widerstreitender Interessen in Unterhaltssachen befasst und ist nach kontroverser Diskussion zu einer geänderten Rechtsauffassung gelangt.

Unproblematisch waren bisher schon die Fälle, in denen ein getrennt lebender oder geschiedener Elternteil für sich selbst und bei ihm lebende minderjährige Kinder Unterhaltsansprüche gegenüber dem anderen Elternteil geltend macht.

Als problematisch werden die Fälle angesehen, in denen eines der Kinder volljährig wird und nunmehr einen Unterhaltsanspruch gegen beide Eltern (1) hat bzw. die Fälle, in denen das volljährige Kind in den Haushalt des anderen Elternteils wechselt (2).

(1) Der Kammervorstand geht bei seinen zukünftigen berufsrechtlichen Beurteilungen davon aus, dass eine (Weiter-) Vertretung auch des volljährigen Kindes zulässig ist, wenn und solange mit dem bisher betreuenden Elternteil aus einem Topf gewirtschaftet wird und deshalb subjektiv gleich gerichtete Interessen vertreten werden. Dabei darf nicht verkannt werden, dass objektiv die Situation einer Interessenkollision vorliegt. Die Vertretung ist daher nur unter Voraussetzung möglich, dass beide Mandanten über die Kollisionslage aufgeklärt und über die möglichen Konsequenzen beraten werden, insbesondere darüber, dass das Mandat für beide Mandanten niedergelegt werden muss, wenn die Interessen des Elternteils und des volljährigen Kindes auseinander driften, etwa weil das Kind sich mit dem Elternteil überwirft und auszieht.

Es ist jedem Anwalt, der sich auf eine Vertretung in dieser Fallkonstellation einlässt, dringend zu empfehlen, die erfolgte Aufklärung und Beratung sowie die Abprüfung der Frage, ob wirklich gleichgerichtete Interessen vorliegen, schriftlich zu dokumentieren.


(2) Wechselt das volljährige Kind zum anderen Elternteil, kann der Anwalt, der bisher das Kind und seinen Elternteil vertreten hat, keinen von beiden mehr in Bezug auf Unterhaltsansprüche des Kindes vertreten

Zitatende

Meine Kollegen mögen dies im Einzelfall jedoch mit ihrer jeweils zuständigen Anwaltskammer abklären, ob dort die gleiche oder eine ähnliche Rechtsauffassung vertreten wird.

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