Betreuungsunterhalt nach dem 3. Lebensjahr des Kindes

Das Gesetz spricht in § 1570 BGB davon, dass ein geschiedener Ehegatte der gemeinsame Kinder betreut, für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen kann. Dieser Unterhaltsanspruch verlängert sich, solange und soweit es der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Das bedeutet auch, dass nach dem 3. Lebensjahr des Kindes – soweit tatsächlich vorhanden – die kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten von dem betreuenden Elternteil in Anspruch zu nehmen sind. Argumentiert dieser Elternteil damit, dass er das Kind unbedingt persönlich betreuen will, ist dies zunächst unbeachtlich.

Damit bestimmen die tatsächlichen Betreuungsmöglichkeiten auch die Beurteilung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils. Der betreuende Ehegatte muss Tatsachen vorbringen und belegen, dass er auch über das 3. Lebensjahr des Kindes hinaus Unterhalt verlangen kann.

Streitig ist immer wieder, ab wann ein vollschichtige Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils eintritt. Dies richtet sich natürlich zunächst nach dem Alter des Kindes. Erst wenn ein Kind mehrere Stunden unbeaufsichtigt bleiben kann, kommt eine vollschichtige Tätigkeit des Elternteils in Betracht. Der BGH hat entschieden, dass jedenfalls ein 7jähriges Kind noch nicht mehrere Stunden unbeaufsichtigt bleiben kann. (BGH, Urteil v. 17.06.2009). Problematisch in diesen Fällen ist auch immer wieder das Angebot des barunterhaltspflichtigen Elternteils, die Betreuung des Kindes selbst zu übernehmen, damit der andere Elternteil vollschichtig oder jedenfalls ausgeweitet einer beruflichen Tätigkeit nachgehen kann. Der betreuende Elternteil kann dies nicht schlicht ablehnen. Gleichzeitig würde dies aber auch bedeuten, dass sich der Umgang des barunterhaltspflichtigen Elternteils deutlich verstärkt, So werden in Unterhaltsverfahren umgangsrechtliche Gesichtspunkte zu behandeln sein. Dies könnte auch bedeuten, dass in Unterhaltsverfahren, in denen der barunterhaltspflichtige Vater darauf hinweist, er könne sein Kind deutlich intensiver betreuen, damit die Mutter selbst arbeiten kann, der Vater zunächst ein Parallelverfahren einleiten müsste, um sein Umgangsrecht auszuweiten. Konsequenterweise müsste dann das Familiengericht das Unterhaltsverfahren so lange aussetzen, bis das Umgangsverfahren entschieden ist. Eine deutliche Verzögerung der Umgangsverfahren wäre die Regel und könnte nur durch einstweilige Anordnungen verhindert werden. Steht letztlich dann fest, dass die Kindesmutter ihre Erwerbstätigkeit ausweiten muss, bleibt nur noch zu prüfen, ob es kindbezogene Gründe gibt, die einer Fremdbetreuung entgegenstehen. Die Kindesmutter müsste vortragen, dass ihre persönliche Betreuung zwingend erforderlich sei. Soweit mir bekannt, hat der BGH dies bisher nur bei schwerem Asthma des Kindes und bei einer ADS Erkrankung angenommen.

Letztlich muss in diesen Verfahren aber geprüft werden, ob eine vollschichtige Tätigkeit der Kindesmutter bei ihr zu einer überobligatorischen Belastung führ. Gründe dafür muss die Kindesmutter vortragen und notfalls beweisen.

Als Grundsatz gilt nach der Rechtsprechung des BGH aber, dass die Kindesmutter nach dem 3. Lebensjahr des Kindes vollschichtig arbeiten müsste, es sei denn, die oben genannten Gründe sprechen dagegen. Dies ergibt sich einfach schon daraus, dass die betreuende Kindesmutter Darlegungs- und Beweislast hat. Ist dies alles geprüft und kommt man zu dem Ergebnis, die Kindesmutter muss ab dem 3. Lebensjahr des Kindes vollschichtig arbeiten, ist abschließend noch § 1570 Abs. 2 BGB zu prüfen. Es handelt sich dabei um elternbezogene Gründe für die Verlängerung des Unterhaltes. Dabei geht es dann meist um die Lebensplanung der Eltern innerhalb der Ehe. Haben sich die Eltern z.B. bewusst für eine persönliche Betreuung des Kindes durch die Mutter entschieden, die in der Ehezeit darum keinem Job nachgegangen ist, muss diese Lebensplanung auch nach der Scheidung unter Umständen noch Gültigkeit haben. Zur berücksichtigen ist dann allerdings die Ehedauer uns speziell die Verfestigung dieser Lebensplanung. Der BGH spricht in diesem Zusammenhang von einem Vertrauenstatbestand, wenn es eine langjährige Betreuungspraxis der Kinder gegeben hat. Die Anforderungen des BGH an diesen Vertrauenstatbestand sind jedoch hoch.

Im Ergebnis muss der betreuende Elternteil, dies ist in den überwiegenden Fällen die Kindesmutter darlegen und beweisen, dass eine Ausweitung ihrer beruflichen Tätigkeit mit der Kinderbetreuung nicht in Einklang zu bringen ist, dass es ggfls. kind- oder elternbezogene Gründe für eine Verlängerung gibt oder dass eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit unzumutbar ist. Fehlt in einem Gerichtsverfahren dazu der entsprechende Vortrag, wird die betreuende Kindesmutter mit einem Einkommen, entsprechend einer vollschichtigen Tätigkeit zu fingieren sein.

bei Fragen wenden Sie sich an

RA Thomas von der Wehl
Fachanwalt für Familienrecht
0431 – 911 16
info@vonderwehl.de
www.vonderwehl.de

Eine Reaktion zu “Betreuungsunterhalt nach dem 3. Lebensjahr des Kindes”

  1. Rüdiger

    Hallo Herr von der Wehl,

    zur Unterhaltsberechnung habe ich folgende Konstellation: Vater hat aus erster Ehe einen Sohn (8 Jahre), die Erwerbsobliegenheit der 1. Frau beträgt 50% (wegen kindbezogener Belange, elternbezogene Gründe gibt es keine), der Vater hat inzwischen 2 weitere Töchter unter drei Jahren und ist zum 2. Mal verheiratet. Folgende Zahlen unterstellt: bereinigtes Einkommen Ehemann 4.500 € (die drei Kinder sind hier bereits vorab abgezogen), bereinigtes Einkommen 1. Ehefrau aus halbschichtiger Tätigkeit 1.500 €, die 2. Ehefrau verfügt lediglich über (die nicht anrechenbaren, § 11 BEEG) 300 € Elterngeld. Wie hoch ist in diesem Beispiel der Unterhalt des Vaters gegenüber der 1. Frau und wie ist der Weg, wie er berechnet werden muss?

    Bin schon sehr gespannt…

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