Der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau neben dem der jetzigen Ehefrau 5/5

Zum Unterhaltsbedarf und zum Rang der Ansprüche, wenn der Unterhaltspflichtige neben einem geschiedenen Ehegatten auch einem neuen Ehegatten unterhaltsverpflichtet ist

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 30.07.2008 (XII ZR 177/06) eine weitreichende Entscheidung zum einen zur Zuordnung des Splittingvorteils eines in zweiter Ehe verheirateten unterhaltsverpflichteten Ehemannes und zum anderen zur Verteilung des Unterhaltes zwischen der früheren und der jetzigen Ehefrau getroffen.

Grundlage war der Fall einer nach 24 Jahren geschiedenen kinderlosen Ehe. Die geschiedene Ehefrau war durchgehend vollschichtig als Verkäuferin tätig. Der Ehemann hatte sich im Rahmen des Scheidungsverfahrens zu Unterhaltszahlungen in Höhe von 600,00 € verpflichtet. Aus der neuen Ehe des Unterhaltsverpflichteten ist ein Kind hervorgegangen.

Der BGH hat seine neue Rechtsprechung, wonach nicht nur ein späterer Einkommensrückgang beim Unterhaltsverpflichteten, sondern auch ein späteres Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter gegenüber dem Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen ist, bestätigt (BGH vom 06.02.2008 II ZR 14/06 – FamRZ 2008, 968). Der Unterhaltsbedarf einer geschiedenen und einer neuen Ehefrau beeinflussen sich nunmehr aufgrund dieser Rechtsprechung. Gegenüber einer einzelnen unterhaltsberechtigten Ehefrau gilt seit je her der Halbteilungsgrundsatz, d. h., der Unterhaltsverpflichtete ist bei Wahrung seines Selbstbehaltes und unter Berücksichtigung eines Erwerbsvorteils zur Zahlung des hälftigen Einkommens als Ehegattenunterhalt verpflichtet. Kommt eine weitere (aktuelle) Ehefrau hinzu, erfolgt in der Regel eine Drittelung des Einkommens.

Ist der Ehemann daher in der Lage, alle Unterhaltsberechtigten die im Unterhaltsrang gleichstehen, zu befriedigen, erfolgt dies in der vorstehenden Weise.

Der BGH hat in diesem Zusammenhang seine bisherige Rechtsprechung, den Splittingvorteil der neuen Ehe auch in dieser Ehe zu belassen, geändert. Es ist nunmehr nicht erforderlich, den Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau auf einer fiktiven Steuerklasseneinordnung zu berechnen. Der Splittingvorteil steht vielmehr nun beiden Ehefrauen im Rahmen der Unterhaltsberechnung zu. Allerdings darf ein geschiedener Ehegatte nicht mehr Unterhalt erhalten, als ihm ohne Einbeziehung des Splittingvorteils zustünde, wenn er allein unterhaltsberechtigt wäre.

Diese Aufhebung des Splittingvorteils konnte nur erfolgen, da der Gesetzgeber mit dem neuen Unterhaltsrecht die bisherigen Rangverhältnisse geändert hat. Bisher wurde die geschiedene Ehefrau gegenüber der neuen Ehefrau im Rang bevorzugt. Nach der Intension des Gesetzes mußte sich ein neuer Ehegatte auf die schon bestehenden Unterhaltspflichten einrichten und konnte – insbesondere im Mangelfall – nur den Unterhalt bekommen, der dem unterhaltspflichtigen Ehemann nach Erfüllung der Unterhaltsansprüche der geschiedenen Ehefrau unter Wahrung seines eigenen Selbstbehaltes verblieb. Seit Januar 2008 hat das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz die Rangfolge neu festgelegt. Danach stehen im ersten Rang die Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder. Im zweiten Rang sind die Ansprüche der kinderbetreuenden Eltern aber auch der Ehefrau mit langer Ehedauer angesiedelt. Vorliegend handelt es sich bei der 24-jährigen Ehedauer sicherlich um eine lange Ehe. Der BGH hat nunmehr jedoch entschieden, daß es nicht alleine auf die Dauer der Ehe ankommt, sondern gleichzeitig zu prüfen ist, ob die unterhaltsberechtigte geschiedene Ehefrau ehebedingte Nachteile erlitten hat. Hat sie wie vorliegend während der gesamten kinderlosen Ehe hindurch vollschichtig gearbeitet und damit keine ehebedingten Nachteile erlitten, tritt ihr Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 hinter die neue, kinderbetreuende Ehefrau, zurück.

Die Entscheidung zeigt, daß es nicht alleine auf die Rangverhältnisse ankommt, sondern der BGH durchgehend bei allen Unterhaltstatbeständen vorrangig auf die ehebedingten Nachteile abstellt. Die Entscheidungen des BGH zeigen, daß sich das Unterhaltsrecht immer mehr einem Schadenersatzrecht annähert und der Gedanke der lebenslangen Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen nicht mehr gilt.



geschrieben am: 04.08.2008 - 15:20:49 von: in der Kategorie Unterhalt 2008
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Fragen und Antworten: 9 Kommentare


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08.11.2013 - 10:18:50:
Union und SPD wollen Fehlanreize bei Hartz IV koriegierrn. Eltern sollen demnach gegenfcber ihren Kindern wieder zum Unterhalt verpflich...
13.02.2011 - 20:07:32:
Hallo Ich finde das jede geschiedene ehefrau, arbeiten gehen kann,auch bei kinder heute bekommt doch jeder hilfe bei mir war es auch so,da...
13.02.2011 - 20:00:43:
Hallo Ich finde das jede geschiedene ehefrau, arbeiten gehen kann,auch bei kinder heute bekommt doch jeder hilfe bei mir war es auch so,da...

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