Drastische Kürzung der Prozesskostenhilfe droht 4/5

Seit Juni 2006 liegt dem Bundestag ein Gesetz vor, dass die Aufwendungen für die Prozesskostenhilfe (PKH) begrenzen soll. Das sogenannte Prozesskostenhilfebegrenzungsgesetz (PKHBegrenzG) wurde von den Ländern Niedersachsen und Baden-Württemberg auf den Weg gebracht. Seit dem passiert allerdings in der Gesetzesinitiative nicht viel. Die Politiker scheinen sich nicht daran zu trauen. Die Gegner des Gesetzes rufen bereits: „Dieses Gesetz sei ein Rundumschlag gegen die Schwachen der Gesellschaft“.

Ist dies tatsächlich so oder müssen die staatlichen Aufwendungen für PKH begrenzt werden?

Eine genaue Aussage zu treffen ist schwer, da keine konkreten Zahlen des Bundes über die Aufwendungen für PKH vorliegen. In den Landeshaushalten sind diese Kosten nicht aufgeschlüsselt. Die Berechnungen der Länder ergeben sich aus einer Hochrechnung der Erhebung des Rechnungshofes bei dem Land Baden-Württemberg, die bei 30 Gerichten abgefragt wurde. Bei dieser Abfrage wurden insgesamt knapp 1.700 PKH-Anträge ausgewertet und dieses Ergebnis soll nun auf das gesamte Bundesgebiet hochgerechnet werden. Die Kritiker merken zu Recht an, dass diese Hochrechnung unpräzise sein muss.

Unabhängig davon ist allerdings festzustellen, dass in bestimmten Bereichen – insbesondere beim Familienrecht – die Kosten für PKH deutlich gestiegen sind. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass nach Trennung einer Familie mit dem Kostenaufwand für zwei Haushalte die Prozesskosten in der Regel nicht aufgebracht werden können.

Was will das Gesetz im Einzelnen:
1.
Die Voraussetzung für die Bewilligung der PKH werden verschärft, in dem ein erweiterter Missbrauchsbegriff eingeführt werden soll.
2.
Das bisher berücksichtigte Schoneinkommen wird halbiert, so dass deutlich weniger Antragstellern PKH ohne Raten bewilligt werden kann. Ergebnis wird zumindest sein, dass ein höherer Ratenanteil zurückgezahlt werden muss. Es sollen auch z.B. vorrangig Bankkredite in Anspruch genommen werden.
3.
Diejenigen, die in Folge der PKH einen materiellen Erfolg erzielen, sollen mit einer Sondertilgung die verauslagten Prozesskosten wieder zurückzahlen.
4.
Bislang müssen bei Gewährung von PKH auf Raten maximal 48 Raten zurückgezahlt werden. Diese Begrenzung auf die 48 Monate soll abgeschafft werden.
5.
Es soll für die Bearbeitung eines PKH-Antrages eine einheitliche Gebühr von 50,00 Euro anfallen.
6.
Die Aufgaben für die Bearbeitung des PKH-Antrages werden vom Richter auf den Rechtspfleger übertragen, um so Personalressourcen einzusparen.
7.
Der Antragsteller vom PKH muss künftig unterschreiben, dass sich das Gericht über seine Vermögensverhältnisse bei Finanzämtern, Banken, Versicherungen usw. ein genaues Bild machen kann. Zieht der Antragssteller z.B. nach Bewilligung von PKH und teilt er dies nicht unverzüglich dem Gericht mit, soll seine PKH-Gewährung noch nachträglich entfallen.

Als Familienrechtler fällt mir immer wieder auf, wie selbstverständliche viele Menschen davon ausgehen, dass die familienrechtlichen Prozesse sie nichts kosten, weil sie Prozesskostenhilfe bekommen. Dies liegt auch zum Teil daran, dass in familienrechtlichen Verfahren die Kostenaufhebung die Regelkostenentscheidung ist, so dass auch bei einem verlorenen Prozess nicht mit der Kostenbelastung durch die Kosten des Gegner zu rechnen ist, die grundsätzlich ja nicht von der PKH erfasst wird. Aus diesem Grunde wird im familienrechtlichen Verfahren manchmal recht unbeschwert auf Staatskosten geklagt.

Aus dem Kollegenkreis höre ich besorgte Stimmen, die von erheblichen Umsatzrückgängen bei Einführung dieses Gesetzes ausgehen. Ich teile diese Besorgnisse nicht uneingeschränkt. Manchmal ist für mich schwer nachzuvollziehen, warum der Staat Prozesse finanziert für einen Antragsteller, der zwischen 1.500,00 und 2.500,00 Euro netto im Monat verdient. Üblicherweise sollte man meinen, dass diese Personengruppe einen Prozess – und sei es durch Aufnahme eines Darlehens – selbst finanzieren kann. Leicht vergisst man dabei auch, dass im Bereich der PKH-Gebühren die Gebührensätze deutlich gekappt und reduziert sind. So sind in einem üblichen Scheidungsverfahren mit zwei normal verdienenden Eheleuten die Anwaltsgebühren schlicht halbiert. Das bedeutet, dass bei PKH-Gewährung ohne Ratenzahlungsanordnung der Anwalt nur die Hälfte der Gebühren bekommt, die ihm ansonsten ohne PKH zustehen würden.

Ich wiederhole meinen bereits mehrfach gemachten Vorschlag, dass eine PKH-Gewährung nicht mehr ohne Mindestraten von 10,00 Euro monatlich möglich sein müsste. Selbst bei beengten finanziellen Verhältnissen muss es machbar sein einen Betrag von 10,00 Euro im Monat für die Rückzahlung von Prozesskosten aufzuwenden. Wenn staatliche Transferleistungen bezogen werden, besteht sogar die Möglichkeit diesen Betrag direkt einzubehalten. Bereits so könnten erheblich Beträge eingespart werden. Eine weitere Überlegung ist, ob die Gewährung von PKH künftig noch zinslos möglich ist, zumal wenn die Antragsteller eigentlich ein gesundes Monatseinkommen haben. Es handelt sich hier immerhin um Steuergelder und natürlich sind dem Staat die Fälle bekannt, wo Antragsteller aus ihrem Jahresurlaub in der Sonne zurückkommen und braungebrannt in den Prozess gehen, der vom Staat mit PKH finanziert wird. Ist es polemisch zu sagen, so finanziert der Staat den Urlaub des Antragstellers? Ich stelle es zur Diskussion.

Im familienrechtlichen Bereich werden – meines Erachtens zu Recht – immer wieder die Fälle angeprangert, in denen ein Ehepartner einen hohen Zugewinnausgleichsbetrag (gerne mal 50 oder sogar 100.000,00 Euro) erstreitet und auch bekommt, aber nicht im gleichen Moment die PKH zurückzahlen muss. Hier sollte etwas geändert werden.

geschrieben am: 03.04.2007 - 17:27:45 von: vonderwehl in der Kategorie Prozesskostenhilfe
(Geändert 03.04.2007 - 17:32:37) 9983 mal gelesen
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03.05.2012 - 09:49:17:
Also ich kann nur sagen! Die Ex verklagte mich schon wieder. Nun wurde Vergleich gemacht das die Faulheit 5 Jahre unterstützt wird, und ...
22.01.2012 - 22:02:01:
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05.06.2009 - 12:21:12:
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