Nacheheliche Solidarität und Befristung des Unterhalts ( BGH ) 5/5

Nach einem Urteil des BGH vom 17.02.2010 - XII ZR 140/08 beschränkt sich § 1578 b BGB nicht nur auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Zudem kann beim Krankheitsunterhalt nur auf das Einkommen abgestellt werden, das der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung im Falle seiner Krankheit zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss.


Sachverhalt
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Januar 2008.Die im Mai 1948 geborene Antragstellerin und der im Mai 1954 geborene Antragsgegner hatten im Juni 1981 die Ehe geschlossen. Bereits zuvor war im Februar 1980 die gemeinsame Tochter geboren, die inzwischen studiert und vom Antragsgegner unterhalten wird. Der im März 1984 geborene gemeinsame Sohn war schwerst- und mehrfach behindert. In den ersten eineinhalb Jahren wurde er ununterbrochen in Kliniken behandelt. Danach wurde er von den Parteien bis zu seinem Tode im September 1993 häuslich gepflegt. Die Antragstellerin war in dieser Zeit nicht berufstätig. Die Antragstellerin hatte ihr Lehramtsstudium bereits vor der Ehe abgeschlossen. Während der Schwangerschaft und nach der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes absolvierte sie ihr Referendariat, das sie im Jahre 1982 abschloss. Danach bewarb sie sich erfolglos um eine Anstellung im Schuldienst. Im Jahre 1990 erhielt die Antragstellerin ein Stipendium für eine Ausbildung zur Drehbuchautorin. Trotz einer Brustkrebserkrankung, schloss die Antragstellerin diese Ausbildung ab. Nach der Internatsunterbringung der gemeinsamen Tochter und dem Tod des gemeinsamen Sohnes im September 1993 war die Antragstellerin erfolgreich als freie Drehbuchautorin tätig und wurde für eines ihrer Drehbücher für den "Grimme-Preis" nominiert. Vor der Trennung der Parteien erzielte sie aus dieser Tätigkeit nur noch vergleichsweise geringe Einkünfte. Nach der Trennung wurde sie im August 2000 als angestellte Vertretungslehrerin in den Schuldienst übernommen. Nach Ablauf des auf ein Schuljahr befristeten Arbeitsvertrages wurde das Arbeitsverhältnis wegen der Erkrankung der Antragstellerin nicht weiter fortgesetzt. In den Jahren 2001 und 2002 musste sich die Antragstellerin zweier Bypassoperationen unterziehen. Im Frühjahr 2003 wurden bei ihr als Spätfolge der Brustkrebserkrankung Knochenmetastasen im linken Hüftgelenk diagnostiziert. Die Antragstellerin bekam ein künstliches Hüftgelenk und musste sich einer Bestrahlungstherapie unterziehen. Im Juni 2004 brach der Schaft der Hüftprothese bei einem Sturz und musste ausgetauscht werden. Auch in der Folgezeit kam es nicht zu einer Wiederherstellung der Arbeits-fähigkeit der Antragstellerin; sie wurde zum 1. Januar 2006 verrentet und erhält eine Rente in Höhe von insgesamt 762,66 EUR monatlich, in denen 145,80 EUR fiktive Zinsgewinne aus dem Verkaufserlös einer gemeinsamen Eigentumswohnung enthalten sind. Der Antragsgegner erzielt nach den bisherigen Feststellungen des Berufungs-gerichts seit dem Jahre 2006 unterhaltsrelevante Einkünfte in Höhe von monatlich mindestens 2.457,40 EUR, in denen ebenfalls 145,80 EUR Zinseinkünfte aus dem Verkaufserlös der früheren Ehewohnung enthalten sind. Die Ehe der Parteien ist seit dem 28. September 2004 rechtskräftig geschieden. Im Rahmen des Versorgungs-ausgleichs wurden Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 161,88 EUR vom Versicherungskonto des Antragsgegners auf das der Antragstellerin übertragen. Das Oberlandesgericht hat den Antragsgegner unter Abweisung der weitergehenden Klage u.a. zu nachehelichem Unterhalt in wechselnder Höhe, zuletzt für die Zeit ab Januar 2006 in Höhe von 847 EUR und für die Zeit ab Oktober 2010 in Höhe von 337 EUR verurteilt. Eine Befristung des nachehelichen Krankheitsunterhalts hat es abgelehnt.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Herabsetzung des nachehelichen Ehegattenunterhalts für die Zeit ab Oktober 2010 und begehrt für diese Zeit Unterhalt in Höhe von monatlich 920,27 EUR. Der Antragsgegner begehrt eine Kürzung des nachehelichen Unterhalts auf monatlich 387 EUR für die Zeit ab Januar 2008 und eine Befristung des Unterhalts auf die Zeit bis Ende Dezember 2009.

Rechtliche Grundlagen:
Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin richtet sich nach § 1572 Nr.1 BGB, weil sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits im Zeitpunkt der Ehescheidung erwerbsunfähig war (zur Abgrenzung des Krankheitsunterhalts vom Aufstockungs-unterhalt vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 ).
Grundsätzlich kann ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB herabgesetzt oder befristet werden, wenn eine an den ehelichen Lebens-verhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs, auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes, unbillig wäre.
Dabei ist nach der BGH - Rechtsprechung insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen Wie schon nach der Rechtsprechung des BGH zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. (BGH, FamRZ 2006, 1006, 1007 ) schränken solche ehebedingten Nachteile regelmäßig auch nach der Neufassung des § 1578 b BGB .die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ein (BGH, Urteile vom 27. Mai 2009 – XII ZR 111/08 -FamRZ 2009, 1207; vom 16. April 2008 – XII ZR 107 / 06 FamRZ 2008, 1325; 18.11.2009 XII ZR 65 / 09 ) Solche Nachteile können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbs-tätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. So führt etwa im Rahmen des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB eine fehlende oder eingeschränkte Erwerbsmöglichkeit wegen Betreuung eines gemeinsamen Kindes (vgl. insoweit Senatsurteil BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770) zu einem ehebedingten Nachteil, der regelmäßig unterhaltsrechtlich auszugleichen ist.
Beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB, bei dem die Krankheit selbst regelmäßig nicht ehebedingt ist, kann sich ein ehebedingter Nachteil nur daraus ergeben, dass ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbs-unfähigkeitsrente infolge der Ehe oder Kindererziehung geringer ist, als sie ohne die Ehe wäre (BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406; FamRZ 2009). Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB. In beiden Fällen ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB können also nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe bedingten geringeren Renten-anwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen.
§ 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Denn indem § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB "insbesondere" auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt es eine Berücksichtigung anderer Gesichtspunkte bei der Billigkeitsabwägung nicht aus. Dieser Umstand gewinnt besonders beim nachehelichen Unterhalt gemäß § 1572 BGB wegen einer Krankheit, die regelmäßig nicht ehebedingt ist, an Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.2010 - XII ZR 140/08 mit Verweis auf BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 und vom 25. Mai 2009 –XII ZR 111/ 08- FamRZ 2009, 1207 ).
Bei einer schweren Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit handelt es sich in der Regel allerdings um eine schicksalhafte Entwicklung. Eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein im zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko ist nach BGH deswegen nicht ohne weiteres gerechtfertigt. Andererseits hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit oder Gebrechen in § 1572 BGB ein besonderes Maß an nachehelicher Solidarität festgeschrieben, das auch im Rahmen der Begrenzung und Befristung dieses nachehelichen Unterhalts nicht unberücksichtigt bleiben kann. Auch in solchen Fällen, in denen die fortwirkende eheliche Solidarität das wesentliche Billigkeitsargument bildet, fällt den in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten einzelnen Umständen besondere Bedeutung zu. Auf deren Grundlage, insbesondere der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ist nach BGH auch der Umfang einer geschuldeten nachehelichen Solidarität zu bemessen.
Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kinder-erziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei ist auch auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen.
Ist der Unterhaltsberechtigte erwerbsfähig, ist auf das Einkommen abzustellen, das er ohne die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit durch die Ehe oder die Kindererziehung erzielen könnte. Ist der Unterhaltsberechtigte hingegen bereits Rentner, kann lediglich auf das Renteneinkommen aus einer solchen Erwerbstätigkeit abgestellt werden, wobei von der tatsächlichen Rente nach durchgeführtem Versorgungsausgleich auszugehen ist. Beim Krankheitsunterhalt kann hingegen nur auf das Einkommen abgestellt werden, das der kranke Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung zur Verfügung hätte. Denn wenn er auch ohne die Ehe zu keiner Erwerbstätigkeit in der Lage wäre, kann nicht auf ein fiktives Einkommen abgestellt werden, das ein gesunder Unterhalts-berechtigter erzielen könnte. Falls die Krankheit - wie regelmäßig - nicht ehebedingt ist, ergibt sich der angemessene Lebensbedarf i.S. von § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB bei vollständiger Erwerbsunfähigkeit also aus der Höhe der Erwerbsunfähigkeitsrente, wobei auch hier von der tatsächlichen Rente nach Durchführung des Versorgungsausgleichs auszugehen ist. Nur wenn der Unterhaltsberechtigte noch teilweise erwerbsfähig ist, kann daneben auf Erwerbseinbußen als ehebedingten Nachteil abgestellt werden. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578 b BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhalts-berechtigten erreichen muss.
Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen, oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies nach BGH im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Form einer Befristung führen ( vgl. BGH a.a.O.) Erzielt der Unterhalts-berechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 2 BGB regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhaltsanspruch nach einer Übergangszeit aber bis auf die Differenz zwischen dem angemessenen Unterhaltsbedarf und dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen herabgesetzt werden (BGH, FamRZ 2009, 1990 ).
Der angemessene Lebensbedarf, der nach §1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich beim Unterhaltsanspruch wegen vollständiger Erwerbslosigkeit wegen Krankheit oder Gebrechen nach § 1572 BGB also grundsätzlich nach den eigenen Renteneinkünften des kranken Unterhaltsberechtigten. Nur wenn die eigenen Einkünfte darunter liegen, bildet das Existenzminimum die unterste Grenze des angemessenen Lebensbedarfs.
Der Unterhaltsanspruch wegen Krankheit oder Gebrechen nach § 1572 BGB kann mithin nach § 1578 b BGB bei geringeren Einkünften auf den Mindestbedarf herabgesetzt werden, der sich am Existenzminimum orientiert und nach der Rechtsprechung des Senats die unterste Grenze des Unterhaltsbedarfs beim nachehelichen Unterhalt und beim Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB bildet. Dabei darf die Höhe des stets zu wahrenden Existenzminimums mit dem notwendigen Selbstbehalt eines nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen pauschaliert werden. (vgl. auch Urteile vom 16. Dezember 2009 – XII ZR 50 / 08 und vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123 / 08). Dass der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen darüber hinausgeht und gegenüber dem nachehelichen Unterhalt sowie dem Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB regelmäßig mit zurzeit 1.000 EUR monatlich angesetzt wird, steht dem nicht entgegen, weil der Bedarf eines Unterhaltsberechtigten nach BGH nicht mit dem entsprechenden Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen gleichgesetzt werden darf.
Der am Existenzminimum orientierte Mindestbedarf bemisst sich nach dem Betrag, der einem nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen als notwendiger Selbstbehalt zur Verfügung steht und gegenwärtig nach der Düsseldorfer Tabelle und den unterhalts-rechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte 770 EUR beträgt. Soweit der notwendige Selbstbehalt eines Erwerbstätigen mit gegenwärtig 900 EUR darüber hinausgeht, schließt er einen Erwerbsanreiz ein, der auf Seiten des Unterhaltspflichtigen seine Berechtigung hat, aber nicht in gleicher Weise auf den Unterhaltsberechtigten übertragen werden kann.
Nach dem BGH kann auch hinsichtlich des Krankheitsunterhalts eine Begrenzung und Befristung nach §1578 b BGB in Betracht kommen. Dabei ist eine umfassende Billigkeitsprüfung erforderlich.
Im Rahmen der gebotenen Billigkeitsprüfung hat der BGH die relativ lange Ehedauer berücksichtigt, die bis zur Zustellung des Scheidungsantrags 20 Jahre betrug. Dabei ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich auf die Zeit von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrags abzustellen ( BGH a.a.O. mit Hinweis auf BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 ). Allerdings stellt das Merkmal der Ehedauer im Regelungs-zusammenhang des § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB nur ein Indiz für die zunehmende Verflechtung der beiderseitigen Verhältnisse dar. Außerdem hat der BGH weiter darauf abgestellt, dass die Antragstellerin die gemeinsame Tochter und bis zu dessen Tod auch den gemeinsamen Sohn betreut und erzogen hat, wobei in die Betreuung des schwer-behinderten Sohnes auch der Antragsgegner eingebunden war. Ebenfalls hat der BGH berücksichtigt, dass die Antragstellerin wegen der Betreuung der gemeinsamen Kinder zunächst keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte und sie nach dem Tod des gemeinsamen Sohnes und der Internatsunterbringung der Tochter allerdings eine Zweitausbildung zur Drehbuchautorin durchgeführt hat, in deren Folge sie in diesem Beruf sehr erfolgreich war.
Gleichwohl kann gemäß BGH eine Begrenzung des Anspruchs auf nachehelichen Krankheitsunterhalt keinen Bestand haben. Die nacheheliche Solidarität hat durch die Rollenverteilung in der mehr als 20 Jahre andauernden Ehe ein erhebliches Gewicht erhalten. Der BGH hat deswegen und unter Berücksichtigung des geringen Renten-einkommens der Antragstellerin sowie des deutlich höheren Erwerbseinkommens des Antragsgegners eine Befristung nach §1578 b Abs. 2 BGB aus Billigkeitsgründen abgelehnt.
Folgende Grundsätze ergeben sich aus dieser BGH – Entscheidung:
1. Eine Befristung des Unterhalts nach § 1578 b BGB scheidet nicht nur bei ehebedingten Nachteilen aus, sondern auch dann, wenn eine geschuldete nacheheliche Solidarität besteht. Die Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe, Dauer der Ehe und Einkommensvergleiche bestimmen nach BGH die Kriterien einer geschuldeten nachehelichen Solidarität.
2. Beim Krankheitsunterhalt kann nur auf das Renteneinkommen abgestellt werden, das der kranke Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung zur Verfügung hätte. Denn wenn er auch ohne die Ehe zu keiner Erwerbstätigkeit in der Lage wäre, kann nicht auf ein fiktives Einkommen abgestellt werden, das ein gesunder Unterhaltsberechtigter erzielen könnte.
3. Der Unterhaltsanspruch wegen Krankheit oder Gebrechen nach § 1572 BGB kann nach § 1578 b BGB bei geringeren Einkünften auf den Mindestbedarf herabgesetzt werden, der sich am Existenzminimum orientiert und wird mit dem notwendigen Selbstbehalt eines nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen pauschaliert. Erzielt der Unterhaltsberechtigte lediglich Renteneinkünfte, die das Existenzminimum nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 2 BGB regelmäßig aus.

Dr.jur.Werner Nickl
Fachanwalt für Familienrecht, Eislingen

geschrieben am: 12.04.2010 - 18:39:23 von: blaurani in der Kategorie nachehelicher Unterhalt
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Fragen und Antworten: 2 Kommentare


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06.09.2010 - 23:16:25:
Wenn man länger als 20 Jahre verheiratet ist und der Ehemann sich von der Ehefrau trennen möchte, die eine 80 %ige Behinderung hat, gibt e...
21.05.2010 - 13:14:23:
Die Soli fängt dann an wenn die Ex dich beim Finanzamt ansch... und überall schlecht macht? Keiner geht dagegen vor und man(n) wundert s...

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