Neues Erbschaftsteuerrecht: Reform frühestens zum 01.07.2008 5/5

Laut Focus-Bericht vom 01.12.2007 verzögert sich die Erbschaftsteuerreform, da die Koalitions-Fraktionen keinen gemeinsamen Gesetzentwurf im Bundestag einbringen.

Bisher war das Inkrafttreten zum 01.04.2008 geplant. Intern galt es aber schon länger als umstritten, ob die Fraktionen von CDU/CSU und SPD zeitgleich einen gleich lautenden Gesetzentwurf im Bundestag einbringen würden. Nur dann könnte die Reform noch am 01.04.2008 in Kraft treten. Ein späterer Termin sei mehr als wahrscheinlich, hieß es schon vor 2 Wochen in Koalitionskreisen.

Für zwischen dem 01.01.2008 und dem Inkrafttreten der Reform eingetretene Erbfälle sollen die Erben später zwischen altem und neuem Recht wählen können. Was günstiger ist, hängt sehr stark vom Einzelfall ab.

Bei Schenkungen gibt es das Wahlrecht nicht. Das bedeutet: Für Schenkungen vor dem Inkrafttreten gilt das alte Recht, für Schenkungen ab diesem Datum gilt dagegen die Neuregelung.

Nachfolgend fassen wir die Kernpunkte des Referenten-Entwurfs zusammen:


Wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert wird das Grundvermögen -wie die übrigen Vermögensarten auch- künftig mit seinem Verkehrswert bzw. Marktwert angesetzt.
Die Freibeträge für Ehepartner, Kinder und Enkel steigen, auch Lebenspartner werden besser gestellt. Ziel: Vermögen in der Größenordnung eines durchschnittlichen Einfamilienhauses soll steuerfrei bleiben. Im Gegenzug müssen weiter entfernte Angehörige sowie Familienfremde mehr Steuern zahlen.
Für vermietete Immobilien gibt es einen Abschlag von 10 % auf den Verkehrswert.
Vom Wert eines Unternehmens bzw. der Anteile an einem Unternehmen bleiben unter bestimmten Voraussetzungen 85 % steuerfrei („Verschonungsabschlag“).
Die Änderungen im Einzelnen:


Bewertung von Immobilien und anderen Vermögensgegenständen:

Die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts war eindeutig: Immobilien müssen mit ihrem Marktwert bei der Erbschaftsteuer berücksichtigt werden. Nach den bisherigen Bewertungsmethoden kamen Grundstücke und Gebäude nur mit durchschnittlich 45 % - 70 % ihres Wertes zum Ansatz. Auch Unternehmen, Anteile an Kapitalgesellschaften, noch nicht fällige Versicherungen und lebenslange Nutzungen und Leistungen sollen künftig mit dem tatsächlichen Wert zum Ansatz kommen. Die Bundesregierung musste praktikable Verfahren entwickeln, diesen festzustellen. Das Ergebnis sieht derzeit wie folgt aus:

Bewertung von Immobilien


Der Wert unbebauter Grundstücke ergibt sich aus Fläche und aktuellem Bodenrichtwert pro m². Bodenrichtwerte werden für jede Gemeinde von einem Gutachterausschuss ermittelt. Der bisherige Abschlag von 20 % auf den Bodenrichtwert entfällt künftig.
Für Eigentumswohnungen sowie Ein- u. Zweifamilienhäuser gilt das Vergleichswertverfahren. Die Bewertung erfolgt auf Basis von Kaufpreisen vergleichbarer Immobilien.
Der Wert von Mietwohngrundstücken mit mehr als zwei Wohneinheiten, Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken wird auf Basis der tatsächlich vereinbarten bzw. der ortsüblichen Jahresmiete ermittelt (Ertragswertverfahren). Diese wird mit einem Vervielfältiger multipliziert, der u. a. von der Gemeindegröße, dem Baujahr und der Bausubstanz abhängig ist.

Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften

Unternehmen, Unternehmensanteile und Anteile an Kapitalgesellschaften werden mit dem Marktwert angesetzt. Wenn möglich, wird dieser aus Anteils-Verkäufen abgeleitet, die weniger als ein Jahr zurückliegen. Anderenfalls darf der Erbe den Marktwert mit einer steuerlich oder außersteuerlich üblichen Methode ermitteln (z. B. Ertragswertverfahren, Substanzverfahren, Multiplikatorenmethode etc.).

Noch nicht fällige Renten-, Kapital- u. Lebensversicherungen

Noch nicht fällige Renten-, Kapital- u. Lebensversicherungen werden künftig mit dem Rückkaufswert angesetzt. Bisher sind 2/3 der eingezahlten Prämien maßgebend.

Lebenslängliche Nutzungen und Leistungen

Lebenslängliche Nutzungen und Leistungen, z. B. Nießbrauch, Leibrente oder Dauerwohnrecht, wurden bisher auf Basis der Sterbetafel des Statistischen Bundesamts von 1986 ermittelt. Künftig wird jeweils die Lebenserwartung nach der aktuellen Sterbetafel zugrunde gelegt. Derzeit ist das die Tafel 2004/2006.


Steuerklassen und Steuersätze:

Bei der Steuerklassen-Einteilung bleibt alles beim Alten. Lebenspartner sind weiterhin in der Steuerklasse III, genießen aber durch Ausnahmeregelungen in vielen Punkten die gleichen Vorteile wie Ehepartner (z. B. bei den persönlichen Freibeträgen, bei der Übertragung selbst genutzter Immobilien und beim Zugewinnausgleich). Klar im Nachteil bleiben Lebenspartner beim Steuersatz. Der beträgt nun 30 % oder 50 %, während Eheleute oft nur 7 % zahlen müssen.

Steuerklasse I Ehepartner, Kinder, Stiefkinder, Enkel, Urenkel, bei Erbschaften auch Eltern und Großeltern
Steuerklasse II Geschwister, Nichten und Neffen, Großnichten und -neffen, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, geschiedene Ehepartner, bei Schenkungen Eltern und Großeltern
Steuerklasse III Alle übrigen Erwerber, z. B. Lebenspartner, Freunde, Onkel und Tanten, nicht verwandte Patenkinder


Die Steuersätze in den Steuerklassen II und III werden angeglichen und steigen teilweise drastisch. Die Steuersätze in Steuerklasse I ändern sich nicht. Die Grenzen zwischen den Steuersätzen werden leicht angehoben. In Klammern finden Sie die bisher gültigen Werte:

Wert des steuerpflichtigen Erwerbs bis einschließlich …..€ Stkl. I (in %) Stkl. II (in %) Stkl. III (in %)
€ 75.000,00 (€ 52.000,00) 7 30 (12) 30 (17)
€ 300.000,00 (€ 256.000,00) 11 30 (17) 30 (23)
€ 600.000,00 (€ 512.000,00) 15 30 (22) 30 (29)
€ 6 Mio. (€ 5.113.000,00) 19 30 (27) 30 (35)
€ 13 Mio. (€ 12.783.000,00) 23 50 (32) 50 (41)
€ 26 Mio (€ 25.565.000,00) 27 50 (37) 50 (47)
über € 26 Mio. 30 50 (40) 50 (50)


Die bisherige Härtefallregelung beim Stufentarif gilt unverändert weiter. Das bedeutet: Werden die Progressionsstufen nur geringfügig überschritten, wird nicht das gesamte Vermögen mit dem nächst höheren Steuersatz belastet. Stattdessen wird ein Härtefallausgleich durchgeführt. Das bedeutet: Die höhere Steuer wird nur zu einem Teil erhoben, sodass dem Empfänger des Vermögens immer noch ein Teil des den Grenzbetrag überschreitenden Vermögens verbleibt.

Vorteil: Es kann nicht die Situation eintreten, dass beispielsweise bei einer Schenkung von € 52.500,00 (nach derzeitigem Recht) weniger Vermögen beim Beschenkten verbleibt als bei Schenkung von € 52.000,00.


Persönliche Freibeträge, Freibeträge für Hausrat und vermietete Immobilien:

Erfreulich: Alle Erben profitieren von höheren persönlichen Freibeträgen. Besonders großzügig fällt der Anstieg für Verwandte ersten Grades und Lebenspartner aus. Auch der Freibetrag für Hausrat ist gestiegen.

Weniger erfreulich: Die höheren Freibeträge können bei Weitem nicht die höheren Bewertungen des Vermögens auffangen, sodass in vielen Fällen, die derzeit noch steuerfrei sind, künftig Steuer anfallen wird. Gerade bei vermieteten Immobilien werden aufgrund des lediglich 10 % betragenden Bewertungsabschlages künftig deutlich höhere Steuern anfallen.

Persönliche Freibeträge

Ehepartner € 500.000,00 (bisher € 307.000,00)
Lebenspartner € 500.000,00 (bisher € 5.200,00)
Kinder € 400.000,00 (bisher € 205.000,00)
Enkel, wenn Kinder vorverstorben sind € 400.000,00 (bisher € 205.000,00)
Enkel € 200.000,00 (bisher € 51.200,00)
andere Personen der Stkl. I € 100.000,00 (bisher € 51.200,00)
andere Personen der Stkl. II € 20.000,00 (bisher € 10.300,00)
andere Personen der Stkl. III außer Lebenspartner € 20.000,00 (bisher € 10.300,00)



Für Ehepartner (wie bisher) und für Lebenspartner (künftig neu) gibt es im Erbfall zusätzlich einen Versorgungsfreibetrag von € 256.000,00. Auch für Kinder gibt es beim Tod eines Elternteils weiterhin einen Versorgungsfreibetrag. Dessen Höhe liegt je nach dem Alter des Kindes unverändert zwischen € 10.300,00 und € 52.000,00.

Höhere Freibeträge für Hausrat

Hausrat bleibt für Personen der Stkl. I und für Lebenspartner bis € 41.000,00 steuerfrei, für andere bewegliche Gegenstände gibt es einen weiteren Freibetrag von € 12.000,00 (bisher € 10.300,00).

Für andere Erben gibt es für Hausrat und andere Gegenstände zusammen nur einen Freibetrag von € 12.000,00 (bisher € 10.300,00).

Vermietete Wohnungen

Häuser und Wohnungen, die zu Wohnzwecken vermietet sind, müssen künftig mit 90 % ihres Marktwertes angesetzt und versteuert werden. Weitere Voraussetzung ist, dass die Immobilie 15 Jahre im Eigentum des Erben bleibt. Anderenfalls entfällt die Vergünstigung rückwirkend. Der Abschlag von 10 % gilt nicht für bereits begünstigtes Betriebsvermögen.


Unternehmensnachfolge:

Vermögensübergänge im Rahmen der Unternehmensnachfolge werden weitgehend von der Erbschaftsteuer verschont - allerdings nur unter strengen Voraussetzungen. Unter die Begünstigung fällt das Betriebsvermögen von Gewerbebetrieben, Freiberuflern, land- u. forstwirtschaftlichen Betrieben sowie Anteilen an Kapitalgesellschaften, wenn diese mind. 25 % betragen.


A c h t u n g:
Die Vergünstigungen zur Unternehmensnachfolge gelten nicht, wenn das Unternehmen überwiegend mit der Verwaltung von Kapital- und/oder Grundvermögen beschäftigt ist. Grund: Der Gesetzgeber fürchtet, dass private Kapitalanlagen und Immobilien zu gewillkürten Betriebsvermögen erklärt werden, um die Erbschaftsteuer zu umgehen.

Vom Wert des Unternehmens bzw. der Anteile am Unternehmen bleiben 85 % steuerfrei („Verschonungsabschlag“), wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:


Die Lohnsumme beträgt 10 Jahre lang mindestens 70 % der durchschnittlichen Lohnsumme aus den 5 Jahren vor dem Erbfall. Für jedes Jahr, in dem diese Bedingung nicht erfüllt wird, verringert sich der Verschonungsabschlag rückwirkend um 1/10. Wichtig: Betriebe mit weniger als 11 Mitarbeitern müssen diese Vorgabe nicht beachten. Für sie gibt es auf jeden Fall den 85 %-Abschlag.
Der Betrieb bleibt mindestens 15 Jahre im Eigentum des Erben. Wird der Betrieb veräußert, aufgegeben oder tätigt der Erbe überhöhte Entnahmen, entfällt der Verschonungsabschlag rückwirkend in voller Höhe.

Vom nicht begünstigten Vermögen, also den verbleibenden 15 % (Restwert), gibt es für kleine Betriebe einen weiteren Abzugsbetrag: Beträgt der Restwert € 150.000,00 oder weniger, bleibt das Betriebsvermögen komplett steuerfrei.

Liegt der Restwert über € 150.000,00, verringert sich der Abzugsbetrag stufenweise, und zwar nach folgender Formel:


Abzugsbetrag = 150.000,00 – ((Restwert – 150.000,00) / 2)

Das bedeutet: Ab einem Restwert von € 450.000,00 gibt es keinen Abzug mehr.


B e i s p i e l :
Die Metzgerei Müller wird vom Vater auf den Sohn übertragen. Der Wert des Unternehmens beträgt € 1.600.000,00. Nach Abzug des 85%igen Verschonungsabschlags bleibt ein Restwert von € 240.000,00.

Der Abzugsbetrag berechnet sich wie folgt:


150.000,00 – ((240.000,00 – 150.000,00) / 2)
= 150.000,00 – (90.000,00 /2)
= 105.000,00

Für den Abzugsbetrag gilt ebenfalls die Bedingung, dass der Betrieb 15 Jahre lang im Eigentum des Erben bleiben muss. Sonst wird er rückwirkend gestrichen.

Eine weitere Vergünstigung gibt es, wenn ein Erbe der Stkl. II oder III die Unternehmensnachfolge antritt. Die Erbschaftsteuer, die auf das Betriebsvermögen entfällt, wird nach den günstigen Steuersätzen der Stkl. I berechnet. Voraussetzung auch hier: Das Unternehmen bleibt 15 Jahre im Eigentum des Erben.

geschrieben am: 12.12.2007 - 10:46:51 von: JanPahl in der Kategorie Erbrecht
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Fragen und Antworten: 2 Kommentare


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06.05.2009 - 12:17:52:
Frage: unterliegt der betrag aus einer lebensvers. der erbschaftsteuer,wenn bei abschluß des vertrages, die schwester als begünstigte ei...
01.07.2008 - 11:10:26:
Hallo, gilt die Reform jetzt schon? - Bzw. weiss man schon konkret, ab wann die Reform greift? Vielen Dank

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