Richterliche Anpassung der Unterhaltsregelungen 0/5

In dem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall (Urteil vom 28.02.2007, Az. XII ZR 165/04) hatten die Eheleute in einem Ehevertrag, in dem sie unter anderem Gütertrennung vereinbarten hatten, auch festgelegt, dass der im Fall einer Scheidung Unterhaltsberechtigte vom Unterhaltspflichtigen einen monatlichen Betrag erhalten solle, der der Besoldung eines Beamten in einer bestimmten Besoldungsgruppe entspricht. Damit wollten die Eheleute eine Unterhaltsregelung treffen, die einerseits in ihrer Höhe abschließend und begrenzt, andererseits aber dynamisch an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung angepasst sein würde. Die Eheleute waren dabei davon ausgegangen, dass die Ehefrau neben der Betreuung des gemeinsamen Kindes wieder arbeiten werde. Für diesen Fall war im Ehevertrag vorgesehen, dass das sich daraus ergebende Einkommen bis zu einer bestimmten Höhe nicht auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen sei, der Frau also zusätzlich verbleiben solle. Gleichwohl fand die Ehefrau keine Anstellung, während sich das Einkommen des Mannes ausgesprochen gut entwickelte. Auf dieser Grundlage verlangte die Frau nach der Scheidung Unterhaltszahlungen, die erheblich über der vertraglichen Vereinbarung lagen.

Der BGH hat sich nun zunächst mit der Frage befasst, ob der im Falle einer Scheidung geschuldeten Unterhalt bereits bei Vertragsschluss der Höhe nach beschränkt werden kann. Da der vereinbarte Unterhalt der am damaligen Einkommen des Ehemannes ausgerichteten Unterhaltsquote entsprach und die Ehefrau durch die Möglichkeit eines anrechnungsfreien Zuverdienstes über die gesetzliche Regelung hinaus begünstigt war, liegt in der vereinbarten Begrenzung des Unterhaltes keine derart einseitige Lastenverteilung, die gegen die guten Sitten verstoßen würde: Eine solche Begrenzung ist also, so der BGH, grundsätzlich möglich.

Ob der Unterhaltspflichtige seine vertraglich begründete Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich später auf diese Regelungen beruft, unterliegt der gerichtlichen Ausübungskontrolle. So kann sich die Vereinbarung aus dem Ehevertrag als ungerecht erweisen, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zu Grunde liegenden Lebensplanung grundlegend abweicht. Dies war hier jedoch nicht schon deshalb der Fall, weil der eine Ehepartner während der Ehe eine unerwartet hohe Steigerung seines Einkommens erzielt hat. Im Vertrag war nämlich das legitime Ziel zum Ausdruck gebracht worden, die Unterhaltsansprüche von der Entwicklung der ehelichen Lebensverhältnisse abzukoppeln. Die Orientierung an der näher bestimmten Beamtenbesoldung als dynamischer Bezugsgröße ist für die Parteien bindend.

Ob eine erhebliche Abweichung der tatsächlichen von den erwarteten Verhältnissen vorliegt, ist im Einzelfall anhand der Vorstellungen zu überprüfen, die die Eheleute bei Vertragsschluss von Art und Umfang der beruflichen Tätigkeit der Ehefrau hatten. In dem vom BGH entschiedenen Fall war man übereinstimmend der Ansicht, die Ehefrau werde zumindest einen Teil ihrer Arbeitskraft der Haushaltsführung und der Kinderbetreuung widmen. Der auf diesen Teil ihrer Tätigkeit entfallende Erwerbsverzicht sollte durch den im Ehevertrag vereinbarten Unterhaltsbetrag ausgeglichen werden; dieser Teil ist demnach einer gerichtlichen Überprüfung entzogen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn bei Abschluss des Ehevertrages von den Eheleuten erwartet worden war, die Ehefrau werde in der Ehe in nicht unerheblichem Umfange auch einer Erwerbstätigkeit nachgehen, die sie nach einer etwaigen Scheidung fortsetzen könnte. Nur dieser Teilbereich ist der richterlichen Vertragsanpassung zugänglich, da nur für diesen Teil die Vorstellung der Parteien bei Vertragsschluss von der späteren Lebensführung abweichen würde.

Schließlich weist der BGH darauf hin, dass der durch den Ehevertrag benachteiligte Ehegatte durch die richterliche Ausübungskontrolle nicht besser gestellt werden darf, als er bei kontinuierlicher Fortsetzung seines vorehelichen Berufsweges stehen würde.


Rechtsanwältin Kirsten Schimmelpenning
Fachanwältin für Familienrecht

geschrieben am: 25.07.2007 - 14:41:17 von: Schimmelpenning in der Kategorie Unterhalt
2893 mal gelesen
Fragen und Antworten: 6 Kommentare


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22.04.2010 - 20:55:25:
Mein Partner hat ein Kind, dass bei seiner Mutter lebt--> Wenn er einen Job bekommt mit dem Bruttoeinkommen von 2000€, würde ...
09.12.2009 - 16:04:53:
Ich bin seit 6 Jahren geschieden. Mein Sohn soll jetzt seine Einkommensverhältnisse offen legen, damit geprüft werden kann, ob er für sei...
26.07.2008 - 21:56:49:
wir haben uns getrennt, die kinder sind 1jahr und 3 jahre alt, meine frau ist hausfrau, ich voll berufstätig. ich muss monatliche schulden...

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