Scheidungsrecht für iranische Frauen, wenn kein Unterhalt bezahlt wird 0/5

Wenn hier in Deutschland eine Ehe geschieden wird, bei der beide Partner iranische Staatsangehörige sind, erfolgt die Scheidung nach iranischem Recht. Das bedeutet, dass wir als AnwältInnen dazu verpflichtet sind, uns in die iranischen Gesetze zu vertiefen, und dem Gericht die dortigen Regeln vorzutragen, die von diesem anzuwenden sind.

Eine Besonderheit des iranischen Rechts ist es, dass es für die Frau keine Scheidung bei Zerrüttung der Ehe vorsieht, es aber als Scheidungsgrund ansieht, wenn der Ehemann es ablehnt, seiner Unterhaltpflicht gegenüber der Ehefrau nachzukommen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sein Einkommen dafür ausreicht oder ob er diese Situation überhaupt verschuldet hat. Das Gesetz sieht es als seine Pflicht als Ehemann an, für seine Frau aufzukommen. Um nachzuweisen, dass er sich weigert, dies zu tun, müsste die Ehefrau allerdings vor Einreichung eines Scheidungsantrags einen Unterhaltsprozess gegen ihn führen.

Das Familiengericht Frankfurt hat in einem meiner Fälle - veröffentlicht in Heft 6/2010 der "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht" - die Ehefrau geschieden, ohne dass sie einen solchen Prozess geführt hatte. Wir hatten den Ehemann vorher dazu aufgefordert, Unterhalt für das gemeinsame Kind zu bezahlen. Er berief sich darauf, dass sein Einkommen zu niedrig sei, und ihm deshalb keine Unterhaltszahlungen für das Kind möglich seien.

Obwohl ein Unterhaltsverfahren nicht durchgeführt wurde, wurde die Ehe geschieden. Das Familiengericht berief sich dabei ergänzend auf einen Passus in der Heiratsurkunde, in dem ausdrücklich eine Scheidungsmölichkeit für die Frau vorgesen ist, wenn der Mann sich für 6 Monate weigert, Unterhalt zu zahlen und es keine Möglichkeit gibt, ihn zur Erfüllung dieser Pflicht zu bringen. Wir gehen davon aus, dass dieser Passus auch in anderen iranischen Heiratsurkunden enthalten ist, so dass von dieser Entscheidung möglicherweise weitere hier lebende iranische Ehefrauen profitieren könnten.

Gegen die Entscheidung des Familiengerichts Frankfurt legte der Ehemann Berufung ein. Das Oberlandesgericht Frankfurt folgte der Begründung des Familiengerichts und wies den Ehemann auf die Aussichtslosigkeit seines Rechtsmittels hin.

Für iranische Frauen hat dieser Scheidungsgrund den Vorteil, dass sie sich lediglich darauf berufen müssen, keinen Unterhalt zu erhalten. Sie müssen sich im Rahmen ihres Scheidungsverfahrens nicht mit ihrem Mann über Zerrüttung, eheliche Verfehlungen usw. auseinandersetzen.

Barbara Becker-Rojczyk
Fachanwältin für Familienrecht
Frankfurt am Main

geschrieben am: 03.01.2011 - 16:33:36 von: Becker-Rojczyk in der Kategorie mit Auslandsbezug
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