Totalverzicht im Ehevertrag kann wirksam sein 5/5

Die zum damaligen Zeitpunkt Mitte 40 Jahre alten Parteien sind einen Ehevertrag eingegangen, in dem Zugewinn und Versorgungsausgleich ausgeschlossen und auf sämtlichen nachehelichen Unterhalt verzichtet worden ist. Die Ehefrau betrieb einen Einzelhandelsgeschäft; der Ehemann war als Steuerberater tätig und hatte mehrere Immobilien. Die Ehefrau musste nach Abschluß des Vertrages ihr Geschäft aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben und erkrankte in der Folgezeit so schwer, dass sie eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von knapp € 1.000 erhielt. Die Ehefrau hat den Ehevertrag angefochten und im übrigen hilfsweise eine Vertragsanpassung verlangt.

Der BGH hat festgestellt, dass der Vertrag nicht nichtig ist. Es können bei Vertragsabschluß nicht von einer evident einseitigen, durch die individuellen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung ausgegangen werden. Es bestehe keine ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Abhängigkeit.

Auch der Inhalt der Vereinbarung begründe keinen Verstoß gegen die guten Sitten. Dem Unterhalt wegen Alters oder Krankheit sei zwar besondere Bedeutung beizumessen. Wenn jedoch bei Vertragsabschluß noch überhaupt nicht absehbar sei, wann und unter welchen Umständen eine der Parteien wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig werden könnte, sei eine solcher Verzicht grundsätzlich möglich.

Der Unterhaltstatbestand wegen Erwerbslosigkeit oder Aufstockungsunterhalt sei hingegen nachrangig. Hier müssten zur Sittenwidrigkeit eines Verzichtes besondere Umstände vorgetragen werden.

Ebenso sei die Vereinbarung der Gütertrennung möglich.

Der Ausschluß des Versorgungsausgleichs richte sich nach denselben Kriterien, die für die Beurteilung der Wirksamkeit des Ausschlusses des Unterhaltes wegen Alters herangezogen werden.

Eine Ausübungskontrolle ergebe ebenfalls nicht, dass der Vertrag anzupassen wär. Der vereinbarte Ausschluss der Scheidungsfolgen müsse zu einer unzumutbaren Lastenverteilung führen. Dies könne dann der Fall sein, wenn die tatsächliche Lebensituation von den bei Vertragschluss zugrunde gelegten Lebensumständen grundlegend abweicht. Zwar könne in der Erkrankung eine solche grundlegende Abweichung gesehen werden. Allerdings könne mit der Vertragsanpassung nur erreicht werden, dass der andere Ehegatte einen Ausgelich für ehebedingte Nachteile erhalte. Maßgebend sei, ob die sich aufgrund der Krankheit ergebende Lebenssituation einen ehebedingten Nachteil darstelle. Dies sei jedoch wegen des Bezuges der Erwerbsunfähigkeitsrente, die nicht höher ausgefallen wäre, wenn die Parteien nicht geheiratet hätten, nicht ersichtlich.
(BGH Urteil vom 28.11.2007 XII ZR 132/05)

geschrieben am: 17.04.2008 - 15:56:31 von: Strieder in der Kategorie Aktuelles
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Fragen und Antworten: 2 Kommentare


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24.10.2008 - 17:36:06:
BGH Urteil vom 09.07.2008 XII ZR 6/07 Ein im Ehevertrag kompensationslos vereinbarter Ausschluss der Versorgungsausgleichs ist dann nicht...
24.07.2008 - 21:02:42:
Sehr geehrter Herr Strieder. In unserem Ehevertag habe ich unter anderem auf Rentenanspruch verzichtet. Ich habe aufgrund von Kindererziehu...

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