Unterhaltsreform verfassungswidrig?
Nachdem in dem von mir initiierten Normenkontrollverfahren 1 BvL 9/04 das Bundesverfassungsgericht nicht die dreijährige Zeitspanne des Unterhalts nach § 1615 l II BGB für sich genommen, sondern die aus dem Abgleich mit der Regelung des § 1570 BGB folgende Ungleichbehandlung gleicher Lebenssachverhalte, nämlich der Betreuung eines minderjährigen Kindes durch seine Mutter, als verfassungswidrig bezeichnet hat, also beanstandet hat, dass sich das eheliche Kind länger der Betreuung durch seine Mutter erfreuen darf als das nichteheliche Kind, bin ich doch sehr überrascht über die kaltschnäuzige Arroganz, mit der genau diese Ungleichbehandlung mit einem neuen § 1570 II BGB wieder hergestellt wird:
§ 1570 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes
1.) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
So, weit, so gut, aber jetzt:
2.) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
Ja was: Der Anspruch des einen Kindes auf Betreuung durch seine Mutter (Art. 6 II GG) endet mit dem dritten Geburtstag, während sein Spielkamerad - ehelich geboren - sich weiter der Aufmersamkeit seiner Mutter erfreuen darf, weil die (wie die nichteheliche Mutter auch) in den letzten drei Jahren ihren Beruf aufgegeben und sich ganz der Kinderbetreuung gewidmet hat, nur deshalb, weil sie verheiratet war? Hat man in Berlin gar nichts gelernt?
Unter der Überschrift "Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes" kann ein Unterhaltsanspruch nicht an die Ehedauer geknüpft und verlängert werden, wenn derselbe Anspruch der nichtehelichen Mutter nach drei Jahren endet, ohne solche Option.
Ich werde in den von mir vertretenen Fällen, wenn nicht die mit den ausgesetzten Sachen noch befassten Oberlandesgerichte den nichtehelichen Müttern mit Blick auf dieses neue Recht Gleichbehandlung durch verfassungskonforme Auslegung zukommen lassen, oder erneut die Richtervorlage nach Art. 100 GG beschliessen, Verfassungsbeschwerden einlegen, und ich bin mir so sicher wie vor drei Jahren, dass wir gewinnen werden, diesmal aber das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber abwatschen wird.
Darauf, dass § 10 I EStG hätte für den Aufwand des Vaters für den Unterhalt der nichtehelichen Mutter geöffnet werden müssen, weil auf dem selben Lebenssachverhalt beruhend, dass also im weitesten Sinne das Unterhaltsrecht auch deshalb weiterhin verfassungswidrig ist, weise ich nur noch am Rande hin.
(Geändert 13.11.2007 - 16:37:05) 1767 mal gelesen
Ich gebe Ihnen Recht,es muß was geschehen,die neuen Unterhaltsgesetze sind sehr Famielen unfreundlich.Ich war über 25 Jahre eine gute Mutt...
Autor:
Eckhard Benkelberg
Benkelberg & Kollegen
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- Unterhaltsreform? Hier immerhin mal der Text