Verfahrenskostenhilfe in Familiensachen 0/5

Hier: Beiordnung eines Rechtsanwalts in Kindschaftssachen

Die zunehmende Verarmung der Bevölkerung führt dazu, dass auch in Familiensachen vermehrt Rechtsuchende bedürftig im Sinne des Gesetzes werden und in Familiensachen Verfahrenskostenhilfe (Prozesskostenhilfe) beantragen müssen.
Im Gegensatz zu Scheidungsverfahren und Unterhaltsverfahren, den sogenannten Familienstreitsachen, bei denen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben ist und damit gem. § 78 Abs. 1 FamFG ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, stellt sich die Situation in Kindschaftssachen deutlich schwieriger dar, weil eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist und gemäß § 78 Abs. 2 FamFG ein Rechtsanwalt nur beigeordnet wird, wenn die Sach- und Rechtslage schwierig erscheint.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 23.06.2010, Aktenzeichen XII ZB 232/09 (BGH FamRZ 2010, 1427) folgende Prüfungsmerkmale herausgearbeitet:

- Entscheidend bei der Beurteilung der Frage der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage ist, ob ein Vermögender in der Lage eines Bedürftigen einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte.
- Ein Regel-Ausnahme-Verhältnis kommt nicht in Betracht.
- Die subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten spielen auch eine Rolle für die Frage der Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts.
- Der Grundsatz der sogenannten Waffengleichheit, also die Tatsache, dass der andere Beteiligte durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, allein reicht nicht für die Beiordnung eines Rechtsanwalts, kann jedoch als ein Kriterium für die Erforderlichkeit der Beiordnung wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage sein.

Hieran angelehnt, hat das Oberlandesgericht Nürnberg, Aktenzeichen 11 WF 1567/11 (nicht veröffentlicht), eine sofortige Beschwerde einer Antragstellerin gegen die Ablehnung der Beiordnung ihres Rechtsanwalts zurückgewiesen und ausgeführt, dass in dem zu entscheidenden Fall ein überschaubarer Sachverhalt geschildert worden sei, für den es eines anwaltlichen Beistands nicht bedurft hätte. In dem Fall des Oberlandesgerichts Nürnberg war es so, dass der Antragsgegner anwaltlich nicht vertreten war. Deswegen war das Oberlandesgericht Nürnberg auch der Auffassung, dass eine Notwendigkeit einer Beiordnung eines anwaltlichen Beistands für die Antragstellerin auch für das weitere Verfahren nicht besteht.

Die immer restriktiver werdende Rechtsprechung zur Verfahrenskostenhilfe erfordert eine genaue Prüfung der Voraussetzungen der anwaltlichen Beiordnung im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe durch den Rechtsanwalt.
Für das sogenannte rechtsuchende Publikum besteht zunehmend mehr Unsicherheit, die nur dadurch genommen werden kann, dass im Rahmen schon einer Erstberatung die Voraussetzungen der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe und die Voraussetzung der Beiordnung eines Rechtsanwalts besprochen und geprüft werden.
Demjenigen, der vermeintlich bedürftig ist, kann nur angeraten werden, dass er zunächst sich einen sogenannten Berechtigungsschein für die Beratungshilfe bei dem zuständigen Amtsgericht auf der Rechtsantragsstelle holt und mit diesem Schein einen Anwalt / eine Anwältin aufsucht.
Soweit eine Kindschaftssache das Umgangsrecht betrifft, ist anzumerken, dass der oder die Rechtsuchende gehalten ist, zunächst kostenlose Hilfe in Anspruch zu nehmen, was bedeutet, dass zuerst die Hilfe des staatlichen Jugendamts in Anspruch zu nehmen ist. Erst dann, wenn einem dort nicht weitergeholfen werden kann, ist der Weg frei, sich einen Beratungshilfeschein (Berechtigungsschein) beim Amtsgericht geben zu lassen.

Ein erfahrener Fachanwalt im Familienrecht kann gegebenenfalls auch einschätzen, wie streng der einzelne Familienrichter vor Ort die Frage der Verfahrenskostenhilfe, insbesondere der Beiordnung eines Rechtsanwalts hand-habt.


Erlangen, den 29.06.2012

Peter-Axel Hummelmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Familienrecht

geschrieben am: 06.07.2012 - 15:59:05 von: Hummelmann in der Kategorie Prozesskostenhilfe
(Geändert 06.07.2012 - 16:00:30) 2097 mal gelesen
Fragen und Antworten: 3 Kommentare


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26.07.2012 - 14:34:22:
OLG Vergleich das Gericht setzt Streitwert auf 2000 € fest was kommt hier eventuell an Anwaltskosten oder Gerichtskosten auf mich zu da me...
20.07.2012 - 15:13:17:
Nach dem Trennungsjahr können Sie einen Scheidungsantrag stellen. Sie sollten zu einem Fachanwalt für Familienrecht gehen. Offensichtlich ...
20.07.2012 - 09:24:07:
Wie lange dauert bis ich geschieden bin,lebe schon ca,17 Monaten getrend

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