Abänderung nach Unterhaltsreform 2007 0/5

Zwei Fragen, die zur Unterhaltsreform immer wieder gestellt werden:

A. Unter welchen Voraussetzungen können alte Unterhaltstitel nach Inkrafttreten der Unterhaltsreform überhaupt abgeändert werden?

B. Was passiert mit den am 01.07.07 bereits vor Gericht anhängigen aber nicht abgeschlossenen Unterhaltsverfahren?

Zu A. Alte Titel:

Die Übergangsnorm ist § 35 Nr.1 EGZPO-E. Ist der Unterhalt zum 01.07.2007 bereits durch gerichtliches Urteil oder einen Vergleich tituliert oder ist eine anderweitige vollstreckbare Unterhaltsvereinbarung in der Welt, ist das neue Gesetz zu berücksichtigen, wenn

1. eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt. Die Wesentlichkeitsgrenze entspricht der derzeitigen Regelung in § 323 I ZPO (10 %). Abänderungsgrund ist die Änderung der Rechtslage als Folge der Gesetzesänderung. Eine Abänderung ist also auch dann möglich, wenn bereits vor dem 01.07.07 Umstände vorlagen, die davor noch nicht erheblich waren, aber durch das Neue Recht Bedeutung bekommen. (Für Juristen: Die Präklusionsvorschriften der §§ 323 II, 767 II ZPO kommen gemäß § 35 Nr.2 EGZPO-E nicht zum Zuge)

Praxisrelevant werden besonders folgende Fälle sein:

a) Änderung der Rangstellung

b) Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung nach dem neuen § 1587 b BGB

c) geänderte Anforderungen an die Erwerbsobliegenheit.

2. Die Abänderung muß dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in den Fortbestand der ursprünglichen Regelung zumutbar sein. Geschützt wird hier das Vertrauen in den Fortbestand der Unterhaltsregelung auf beiden Seiten; auf Seiten des Berechtigten, wenn es um eine Verminderung geht, aber auch das Vertrauen des Verpflichteten, wenn es um eine Erhöhung geht.

Schützenswert (= keine Abänderung) wird das Vertrauen in folgenden Fällen sein:

a) Der Berechtigte hat sich in seiner Lebensführung auf den Unterhalt eingestellt. Z.B. wegen Alters, fehlender Möglichkeit zur beruflichen Umorientierung oder nur mit großer Mühe könnte er auf eine Änderung reagieren.

b) Die Abänderung hätte Auswirkungen auf andere Unterhaltsrechtsverhältnisse (Einzelheiten kompliziert)

c) Vor dem 01.07.07 gab es umfassende Trennungs- oder Scheidungsfolgenvereinbarungen, in denen der Unterhalt nur Teil einer Gesamtregelung ist und z.B. mit Zugewinn oder Versorgungsausgleich verknüpft war. Hier soll im Zweifel ein Gesamtbindungswille anzunehmen sein.

Mit dem Kriterium der Zumutbarkeit wird das ganze Gesetz bei alten Titeln natürlich aufgeweicht und der Gesetzgeber spricht von "sachgerechten Ergebnissen im Einzelfall". Hier sehe ich leider große Hürden für alle, die zu große Hoffnung in die Reform haben und sich Erleichterungen versprechen. Die Richter könnte dies Kriterium benutzen, um an der alten, vertrauten und liebgewordenen Rechtsprechung festzuhalten. Es bleibt abzuwarten, ob die hochgesteckten Erwartungen der langjähriger Unterhaltsschuldner auf Verringerung Ihrer Unterhaltslast nicht allzu schnell enttäuscht werden.

Treffen die obigen 2 Voraussetzungen zu, kann über eine so genannte Abänderungsklage eine Abänderung bestehender Titel bzw. Vereinbarungen erreicht werden.

B. Laufende Verfahren

Wenn am 01.07.07 noch kein Titel vorliegt, aber ein Unterhaltsverfahren anhängig ist, gilt als Spezialvorschrift § 35 Nr. 4+5 EGZPO-E. Besonderheit: Möglichkeit der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Grundsätzlich: Es gilt ab dem 01.07.07 das Neue Recht.
Es wird kein Nebeneinander von altem und neuem Recht geben, aber der im jeweiligen Unterhaltszeitraum geltende Rechtszustand ist maßgeblich.

Das bedeutet bei einem Unterhaltsverfahren, welches z.B. Unterhalt ab dem 01.07.06 verlangt und am 01.07.07 noch vor dem Gericht läuft, dass der Unterhaltsanspruch vom 01.07.06 bis 30.06.07 nach altem Recht zu beurteilen ist und der Zeitraum danach, nach neuem Recht.

geschrieben am: 04.04.2007 - 12:39:40 von: vonderwehl in der Kategorie Unterhalt
(Geändert 04.04.2007 - 15:30:00) 6015 mal gelesen
Fragen und Antworten: 4 Kommentare


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12.01.2010 - 19:50:52:
Muss unbedingt Abänderungsklage eingereicht werden, oder kann man sich auch außergerichtlich einigen, wenn man in einem außergerichtliche...
26.01.2008 - 11:28:11:
Zahle für meine Ex-Frau Ehegattenunterhalt in Höhe v. 300 Euro, bin Provisionsempfänger Autobranche, z. Zt. erheblich weniger Einkommen a...
09.10.2007 - 15:11:46:
Soll ich die Abänderungsklage bezahlen obwohl die Nacheheunterhaltsvorderunh ansteht? Bin jetzt schon 2Jahre getrennt. Lg Ridder

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