Die veränderte Rangfolge im Mangelfall

Der aktuelle § 1609 BGB regelt den Fall, dass mehrere Personen Unterhaltsansprüche haben, aber derjenige, der Unterhalt zahlen soll, nicht genügend Geld für alle hat. Er muss schließlich noch seinen eigenen Unterhalt (Selbstbehalt) gewährleistet haben. In dieser Situation ist es notwendig, dass eine Rangfolge zwischen den Unterhaltsempfängern festgelegt wird. Die Personen im ersten Rang erhalten so lange Unterhalt, so lange noch Geld über dem Selbstbehalt vorhanden ist. Wenn der Bedarf dieser Personen vollständig gedeckt wurde, kommen die Personen im zweiten Rang an die Reihe.

Nach dem alten Recht (bis zum 31.12.2007) standen die minderjährigen Kinder, die geschiedenen Ehegatten und der aktuelle Ehegatte gleichberechtigt im ersten Rang. Im Mangelfall waren daher die meist viel zu geringen Unterhaltsbeträge zwischen diesen Personen aufzuteilen. Im Ergebnis wurde überall gekürzt und die zu zahlenden Beträge waren so gering, dass keiner davon existieren konnte.

 

Der Gesetzgeber hat sich in der Unterhaltsreform dazu entschlossen, alle minderjährigen Kinder und die sogenannten privilegierten volljährigen Kinder (volljährige Schüler bis 21 Jahren, die noch zu Hause leben) in den ersten Rang zu setzen. Das bedeutet, erst wenn der Bedarf dieser Kinder, der in der Regel aus der Düsseldorfer Tabelle ermittelt wird, vollständig gedeckt ist, kommt der zweite Rang ebenfalls mit Unterhaltszahlungen zum Zuge. Im zweiten Rang sind die Elternteile, die ein Kind betreuen, unabhängig davon ob sie geschieden, getrennt oder auch nie verheiratet waren. Im zweiten Rang ist ebenfalls der Ehegatte, dessen Ehe nach langer Ehedauer gescheitert ist. Erst im dritten Rang erscheint der Ehegatte, der keine Kinder betreut oder nur kurz verheiratet war. So wird z.B. aber auch gewährleistet, dass die neue Ehe und die neue Familie mehr Geld zur Verfügung hat. Es war ein ständiges Problem und auch ein Ärgernis, das nach Scheidung von der alten Familie mit Kindern für die neue Familie mit Kindern praktisch kein Geld zum Leben vorhanden war. Dies hat auch der Gesetzgeber gesehen und entsprechend mit der Rangfolge geändert.

Insbesondere muss noch einmal darauf hingewiesen werden, dass im zweiten Rang jetzt auch die nicht verheirateten Mütter sind, die Kinder des Unterhaltspflichtigen betreuen. Gleichzeitig steht fest, dass die neue, aktuelle Ehefrau, die keine gemeinsamen Kinder betreut, erst im dritten Rang erscheint. Dazu hörte man insbesondere aus Kreisen der CSU das Argument, dass die Geliebte mit Kind besser stünde als die Ehefrau ohne Kind. Ich habe dieses sehr kirchenrechtlich geprägte Argument nie geteilt und bin froh, dass der Gesetzgeber sich über diese Bedenken hinweggesetzt hat.

Eine Reaktion zu “Die veränderte Rangfolge im Mangelfall”

  1. renate

    Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

    ein Unterhaltspflichtiger soll 3 erwachsene Kinder in Schulbildung/Studium noch zu Hause lebend, Vater wurde die Tasche vor dieTür gesetzt, befriedigen. Er verdient 1600,- brutto. 900,- ist der Selbstbehalt, wie kann er soviel Unterhalt zahlen. Er arbeitet voll und ist nicht mehr der Jüngste. Was passiert in einem solchen Fall, wenn der Unterhalt nicht bezahlt werden kann, er nicht mal für 1 Kind lt. D-dorfer Tabelle reicht?
    Vielen Dank im Voraus.

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