Der Versorgungsausgleich wird neu gefasst (Quelle: BMJ)

Berlin, 6. März 2009
Gerechte Rentenaufteilung nach der Scheidung: Der Versorgungsausgleich wird neu gefasst
Der Bundesrat hat heute der von Bundesjustizministerin Zypries vorgeschlagenen Reform des Versorgungsausgleichs zugestimmt. Damit ist der Weg frei für eine grundlegende Erneuerung und inhaltliche Verbesserung der Regelungen über den Versorgungsausgleich. Das Ziel des Versorgungsausgleichs – die hälftige Aufteilung der in der Ehe erworbenen Versorgungen – ändert sich nicht. Das Gesetz kann zum 1. September 2009 in Kraft treten.

Der Versorgungsausgleich regelt die Verteilung von Rentenanrechten zwischen Ehegatten nach einer Scheidung. Rentenanrechte können beispielsweise in der gesetzlichen Rentenversicherung, in der Beamtenversorgung und durch betriebliche oder private Altersvorsorge entstehen. Scheitert eine Ehe, sorgt der Versorgungsausgleich dafür, dass die von den Ehepartnern erworbenen Anrechte geteilt werden. So erhält auch derjenige Ehegatte eine eigenständige Absicherung für Alter und Invalidität, der – zum Beispiel wegen der Kindererziehung – auf eigene Erwerbstätigkeit verzichtet hat.

„Nach der Unterhaltsrechtsreform und der Modernisierung des familiengerichtlichen Verfahrens ist die Reform des Versorgungsausgleichs ein weiterer Baustein für ein modernes Familienrecht. Das neue Gesetz wird von der Praxis dringend erwartet. Es sorgt für mehr Gerechtigkeit und für mehr Klarheit. Bislang kommt es oft zu grob falschen Teilungsergebnissen, vor allem zu Lasten der Frauen. Das neue Recht verteilt die Chancen und Risiken der jeweiligen Versorgung gleichermaßen auf beide Ehepartner. Außerdem ist der Versorgungsausgleich bisher so kompliziert geregelt, dass nur noch wenige Experten mitreden können. Das neue Recht wird übersichtlicher und sprachlich verständlicher“, erklärte Bundesjustizministerin Zypries heute in Berlin.

Zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs im Einzelnen:

1. Grundsatz der internen Teilung
Das bislang geltende Recht verlangte eine Verrechnung aller in der Ehezeit erworbenen Anrechte aus den unterschiedlichen Versorgungen und einen Ausgleich der Hälfte des Wertunterschieds über die gesetzliche Rentenversicherung. Bei der Umrechnung der verschiedenartigen Anrechte mithilfe der so genannten Barwertverordnung entstanden allerdings Wertverzerrungen, weil die Berechnung auf unsicheren Prognosen über die künftige Wertentwicklung der Versorgungen beruhte. Dies führte zu ungerechten Teilungsergebnissen und Transferverlusten zu Lasten der ausgleichsberechtigten Ehepartner, also überwiegend der Frauen.

Künftig wird jedes in der Ehe aufgebaute Versorgungsanrecht im jeweiligen Versorgungssystem zwischen den Ehegatten hälftig geteilt. Jeder Ehegatte erhält dann sein eigenes „Rentenkonto“, also einen eigenen Anspruch gegen den jeweiligen Versorgungsträger. Das ist der Grundsatz der „internen Teilung“. Er löst das fehlerbehaftete Prinzip der Verrechnung aller Anrechte und des Einmalausgleichs über die gesetzliche Rentenversicherung ab. Künftig können so auch die Anrechte aus der betrieblichen und privaten Altersvorsorge schon bei der Scheidung vollständig geteilt werden. Einbezogen werden künftig auch Kapitalleistungen der betrieblichen Altersversorgung. Nachträgliche Ausgleichs- und Abänderungsverfahren werden weitgehend entbehrlich.

Beispiel: Der Ehemann hat in der Ehezeit zum einen eine Rentenanwartschaft von 30 Entgeltpunkten in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben (entspricht derzeit 30 x 26,56 Euro = 796,80 Euro monatlich). Außerdem hat er in der Ehe eine Anwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung (Pensionskasse) mit einem Kapitalwert von 30.000 Euro aufgebaut. Durch den Versorgungsausgleich erhält die Ehefrau 15 Entgeltpunkte bei der gesetzlichen Rentenversicherung; ferner gegenüber der Pensionskasse einen Anspruch auf eine Betriebsrente im Wert von 15.000 Euro. Die Anwartschaften des Ehemanns werden entsprechend gekürzt.

2. Ausnahmsweise externe Teilung
Abweichend vom Grundsatz der internen Teilung kann ausnahmsweise eine „externe Teilung“ vorgenommen werden, wenn die ausgleichsberechtigte Person zustimmt. Außerdem kann bei kleineren Versorgungen (zu übertragender Wert bis ca. 50 Euro als monatlicher Rentenbetrag, für bestimmte Betriebsrenten gilt eine höhere Wertgrenze) der Versorgungsträger einseitig die externe Teilung verlangen.

Extern bedeutet dabei, dass die Teilung nicht beim Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Ehegatten, sondern extern erfolgt, indem dieser Versorgungsträger den auszugleichenden Kapitalbetrag bei einem anderen Versorgungsträger einzahlt.

Die ausgleichsberechtigte Person kann entscheiden, ob durch diese Zahlung eine für sie bereits bestehende Versorgung aufgestockt oder eine neue Versorgung begründet werden soll.

Beispiel: Will der Arbeitgeber des Ehemanns dessen Ehefrau abfinden, kann er mit ihrem Einverständnis das ihr zustehende Versorgungskapital von 15.000 Euro aus der Pensionskasse beispielsweise in eine Lebensversicherung (Riestervertrag) zu ihren Gunsten zweckgebunden einzahlen. Auch hier wird die Anwartschaft des Ehemanns dann entsprechend gekürzt.

3. Ausnahmsweise kein Versorgungsausgleich
In bestimmten Fällen findet ein Versorgungsausgleich nicht mehr statt: Geht es nur um einzelne geringe Ausgleichswerte oder ergeben sich auf beiden Seiten bei gleichartigen Anrechten ähnlich hohe Ausgleichswerte, soll das Familiengericht von der Durchführung des Ausgleichs absehen. Die Wertgrenze für beide Fälle liegt bei derzeit ca. 25 Euro als monatlicher Rentenbetrag.

Beispiel: Hat die Ehefrau kurz vor der Scheidung begonnen, eine Riester-Rente anzusparen, und ist so während der Ehe ein Deckungskapital von insgesamt 1.000 Euro entstanden, wird auf die Übertragung der anteiligen 500 Euro verzichtet. Ein Ausgleich findet auch dann nicht statt, wenn beide Eheleute bei gleichartigen Anrechten über annähernd gleich hohe Versorgungen verfügen, also etwa, wenn der Ehemann während der Ehe gesetzliche Rentenansprüche in Höhe von 540 Euro und die Ehefrau gesetzliche Rentenansprüche in Höhe von monatlich 530 Euro erworben hat. Denn hier geht es nur um einen Wertunterschied von 5 Euro als monatlicher Rente. Nach bislang geltendem Recht musste ein Versorgungsausgleich immer durchgeführt werden, selbst bei kleinen Werten.

Auch bei einer kurzen Ehezeit von bis zu drei Jahren (einschließlich des Trennungsjahrs) findet ein Versorgungsausgleich nicht mehr statt, wenn nicht einer der Ehegatten den Ausgleich ausdrücklich beantragt.

4. Mehr Spielraum für Vereinbarungen
Künftig erhalten die Eheleute größere Spielräume, Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich zu schließen und so ihre vermögensrechtlichen Angelegenheiten nach ihren individuellen Bedürfnissen zu regeln.

„Die Reform reagiert damit auch auf die gewachsene Sensibilität der Bürger für ihre Altersvorsorge. Wir bestärken sie darin, auch bei einer Scheidung eigenverantwortlich ihre Vorsorgeplanung zu gestalten“, unterstrich Bundesjustizministerin Zypries.

Vereinbarungen können künftig leichter geschlossen werden. Beispielsweise werden künftig Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich im Ehevertrag nicht mehr unwirksam, wenn innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluss die Scheidung eingereicht wird. Werden Ausgleichsvereinbarungen im Rahmen der Scheidung geschlossen, entfällt die bislang erforderliche Genehmigung durch das Familiengericht. Das Familiengericht hat aber zum Schutz der Ehegatten zu überprüfen, ob die Vereinbarung einer Inhalts- und Ausübungskontrolle standhält.

5. Mehr Klarheit und Verständlichkeit
Während das geltende Recht selbst für Experten kaum noch nachvollziehbar war, erleichtert die Reform allen Beteiligten – also den geschiedenen Eheleuten, deren Anwälten und den Versorgungsträgern – den Zugang zum Recht: Die familienrechtlichen Vorschriften, bisher auf vier komplizierte Gesetze verteilt, werden im neuen Versorgungsausgleichsgesetz zusammengefasst. Die Vorschriften sind möglichst knapp und gut verständlich formuliert.

6. Inkrafttreten und Ãœbergangsregelung
Das Gesetz muss noch vom Bundespräsidenten ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Es kann dann zum 1. September 2009 in Kraft treten, zeitgleich mit der Reform des familiengerichtlichen Verfahrens, und für alle Scheidungen gelten, die ab diesem Zeitpunkt beim Familiengericht eingeleitet werden. Bereits bei Gericht anhängige Versorgungsausgleichssachen, die nicht mehr mit der Scheidung verbunden sind, werden nach neuem Recht entschieden, wenn sie nach dem 1. September 2009 weiter betrieben werden. Spätestens ab dem 1. September 2010 wird das neue Recht für alle Versorgungsausgleichssachen gelten, die in der ersten Instanz noch nicht entschieden sind. Damit ist gewährleistet, dass alle Versorgungsausgleichssachen innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Reform auf das neue Teilungssystem umgestellt werden.

Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des
Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Thorsten Bauer, Dr. Katharina Jahntz, Harald Schütt, Ulrich Staudigl
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11 Reaktionen zu “Der Versorgungsausgleich wird neu gefasst (Quelle: BMJ)”

  1. gisela

    ist es möglich den versorgungsausgleich anzufechten, wenn die geschiedene ehefrau keinen unterhalt für ihre beiden söhne bezahlt hat? sie hat mit neuem partner (mit dem sie vorher ihren mann betrogen hatte) ein kind bekommen und geheiratet, arbeitet auch, behauptet aber, kein geld zu haben und hatsie unterhalt bezahlt. der alleinerziehende vater wollte nach der langen scheidung keine neuen rechtsstreitigkeiten, musste aber aus existentieller not (arbeitslosigkeit, umschulung) auf vieles verzichten, die beiden söhne auch (sind heute schon 18, 20 aber ohne einkommen).
    was sollte der vater dieser beiden unternehmen, um nicht dieser rau im rentenalter geld geben zu müssen?

  2. fuchswolff

    Hallo,

    meine Frage betrifft den Versorgungsausgleich meines geschiedenen Mannes (Scheidung 2001 umgerechnet aktuell ca. 400 Euro/mtl. von meinen Rentenanwartschaften). Ich war damals schon 10 Jahre als verbeamtete Lehrerin im Dienst und es wurde eine 50%ige Teilung meiner Ansprüche durchgeführt.
    Nun habe ich nach 21 Jahren den Entschluss gefasst, ganz aus dem Schuldienst auszuscheiden. Damit verliere ich nach Auskünften meiner Anwältin meine Rentenanwartschaften als Beamtin und kann ca. mit der Hälfte der bis jetzt erworbenen Pension rechnen.
    Ist es möglich, einen Antrag beim Amtsgericht zur Neuberechnung des Versorgungsausgleichs zu stellen, da ja meine Pension nicht in der erwarteten Höhe ausfällt, wie zu der Scheidung berechnet?

    Die Ansprüche zur Zeit der Scheidung waren insgesamt ca.800 Euro, die Hälfte wurde dem Ehepartner zugeschlagen. Wenn ich freiwillig aus dem Dienst ausscheide, würden konkret meine Ansprüche auch aus der Zeit auf die Hälfte sinken und somit alles an den ehemaligen Ehemann gehen.
    Dann hätte ich konkret 10 Jahre als Lehrerin ausschließlich für die Rentenansprüche von 400 E meines geschiedenen Mannes gearbeitet.

  3. Elke

    Gilt dieser Beschluss auch für Ehescheidungen, die im Jahr 2007 vollzogen wurden, oder erst für Scheidungen ab jetzt?

  4. loewin

    Sehr geehrter Herr von der Wehl,

    ich habe Fragen bezüglich des Fragebogens zum Versorgungsausgleich: Punkt E „Rentenanwartschaften auf Grund eines LV-Vertrages“. Muss ich meine LV-und RV-Verträge angeben, obwohl ich ein Wahlrecht auf einmalige Auszahlung bzw. Rentenzahlung habe und dieses Wahlrecht aber noch nicht ausgeübt habe?
    Vielen Dank im voraus für Ihre Antwort und Ihre bisherige Hilfe.
    MfG
    loewin

  5. RA Thomas von der Wehl

    @ loewin

    ein Lebensversicherungsvertrag, der dieses Wahlrecht enthält und bei dem das Wahlrecht noch nicht ausgeübt wurde, fällt nicht in den Versorgungsausgleich. Ich würde die Verträge zur Sicherheit dennoch in dem Fragebogen angegeben.

    bartenbach_warentrennstab.jpg

  6. Ilsemarie

    Guten Tag,
    ich bin seit 1998 geschieden. Mein EX-Mann hat eine betriebliche Altersversorung bei der VAP -Versorung der betrieblichen Altersvorsorge der Deutsche Bundespost-
    Ehezeit ca 25 Jahr. Mir sind ca. 38 DM übertragen worden.Finde ich sehr gering!! Ist eine Neubrechnung nach dem neuen Recht sinnvoll?

  7. RA Thomas von der Wehl

    @ ilsemarie

    Bitte keine vollständigen Namen.Sie finden sich sonst sehr schnell mit ihrem Namen in den Suchmaschinen wieder.

    Ob die eine Neuberechnung überhaupt verlangt werden kann, kann ich nicht beurteilen. Dies ist nicht in jedem Falle möglich.

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  8. Fragende

    Guten Tag,

    Mein Mann ist Beamter und hat sich nach langjähriger Ehehjahren getrennt.
    Ich war während der Ehe 36 Jahre nicht beruftstätig. Kinderbetreuung , Haushaltsführung

    Habe ich richtig verstanden, dass die
    Pension (bei Ehescheidung nach langjähriger Ehe) geteilt wird. Mein Mann ist
    45 Jahre im öffentlichen Dienst . Wir sind 39 Jahre verheiratet.
    Meine eigenen Rentenansprüche
    15 Jahre, 4 davon während der Ehe
    ca. 370,00 Euro

  9. RA Thomas von der Wehl

    @ fragende

    ob tatsächlich eine Teilung erfolgt ist nicht ganz sicher, aber im Ergebnis wahrscheinlich

  10. Großmann, Andreas

    Hallo,
    Ich bin Beamter bei der Telekom (geb.23.09.1958)
    Im Jahr 2001 wurde ich geschieden, dabei wurde ein Versorgungsusgleich von ca. 360.-DM festgelegt.
    Im Jahr 2012 habe ich mir meine Versorgungsansprüchen im Falle, dass ich Krankheitsbedingt in Pension gehen muß ausrechnen lassen. Dabei wurde für den Versorgungsausgleich schon ein Betrag von ca. 210.-€ in Abzug gebracht.
    Zur Zeit bietet uns die Telekom an, mit 55 in Vorruhestand zu gehen. Dadurch erhalte ich natürlich nicht mehr die damals zugrunde gelegten 75% meiner Bezüge, sondern nur noch ca.66%. Meiner Meinung nach müßte dann auch der Versorgungsausgleich neu berechnet u. angeglichen werden.
    Was kann ich tun, muß der Ausgleich neu berechnet werden ?

    Bitte um kurze Info

    Für Ihre Bemühungen besten Dank!

    Mit freundlichen Grüßen

    Andreas Großmann

  11. verzweifelt

    Hallo,
    zwei Fragen:

    Ich bekomme dauerhaft Erwerbsunfähigkeitsrente, habe während des Rentenbezuges geheiratet und jetzt Scheidung.
    Habe ich während der Erwerbsunfähigkeitsrente trotzdem Entgeltpunkte gesammelt, die in den Versorgungsausgleich gehen?

    Habe lange vor der Ehe Riestervertrag und Lebensversicherung mit Kapitalwahlrecht abgeschlossen.
    Gehen diese beiden Verträge mit in den Versorgungsausgleich?

    Ich danke euch.

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